zusammengestellt von Hans Nakielski
Gesetzgebungsverfahren
Gesetzentwurf der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, FDP und SPD (BT-Drs. 20/688)
Der Entwurf wurde mit mehreren Ergänzungen (BT-Drs. 20/734 – Beschlussempfehlung) am 18. Februar 2022 vom Bundestag beschlossen.
Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf am 11. März 2022 zugestimmt.
Das Gesetz wurde am 25. März 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Es trat in seinen überwiegenden Teilen am 26. März 2022 in Kraft.
Stellungnahme des DGB zur Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen
Einige wichtige Inhalte
Weiterhin Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld
Mehrere – aber nicht alle – pandemiebedingten Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld (Kug) sowie die Bezugsdauer beim Kug wurden bis Ende Juni 2022 verlängert. Zudem wurde die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die entsprechenden Regelungen nochmals zu verlängern. Die Ermächtigung gilt bis zum 30. September 2022.
Eigentlich hätten die zuvor bereits mehrfach verlängerten Sonderregelungen zum Kug Ende März auslaufen sollen (siehe hier).
Angesichts der fortdauernden Pandemie kann die Kurzarbeit nun aber auch bis Ende Juni als „beschäftigungssichernde Brücke“ genutzt werden. Dafür wird die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bisher 24 auf 28 Monate verlängert – ebenfalls längstens bis zum 30. Juni 2022. Arbeitnehmer:innen, die schon seit Beginn der Pandemie im März 2020 durchgehend in Kurzarbeit sind, können damit bis Ende 2022 Juni – und damit 28 Monate lang – Kug in Anspruch nehmen.
Weitere Sonderregelungen zum Kug werden ebenfalls bis zum 30. Juni 2022 fortgeführt. Dazu zählen:
- Das erhöhte Kurzarbeitergeld: Beschäftigte, die länger als drei Monate in Kurzarbeit sind und ein um mindestens die Hälfte gemindertes Arbeitsentgelt erhalten, bekommen weiterhin einen Aufschlag beim Kug. Ab dem vierten Bezugsmonat beträgt das Kug 70 % der Differenz zum bisherigen Nettolohn, ab dem 7. Monat 80 %. Wenn ein kindergeldberechtigtes Kind im Haushalt lebt, erhöht sich der Leistungssatz auf 77 bzw. 87 %.
- Der Zugang zum Kug wird weiterhin erleichtert, indem die Zahl der Beschäftigten, die im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bei 10 % bleibt. Normalerweise muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein.
- Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewährung von Kug wird weiterhin verzichtet.
- Die Möglichkeit, während der Kurzarbeit anrechnungsfrei in einem Minijob hinzuverdienen zu können, bleibt erhalten.
Nicht verlängert wurde aber der Zugang für Leih-Arbeitnehmer:innen zum Kug. Leiharbeit ist seit dem 1. April 2022 nicht mehr in das Kug einbezogen. Eine weitere wichtige Änderung gegenüber den bis Ende März geltenden Regelungen betrifft die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitgeber: Eine pauschale Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für sie gibt es nun nicht mehr. Die Beiträge können aber nach § 106a SGB III bis zum 31. Juli 2023 zur Hälfte erstattet werden, wenn Beschäftigte während der Kurzarbeit an einer geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen. Zudem sind auch Lehrgangskosten für diese Weiterbildungen zuschussfähig.
Verlängerung von Sonderregelungen für berufstätige pflegende Angehörige
Das Gesetz enthält auch eine Verlängerung der coronabedingten Sonderregelungen für berufstätige pflegende Angehörige, die im Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz geregelt sind und Ende März 2022 ausgelaufen wären (siehe hier)
So gilt weiterhin:
- Pflegeunterstützungsgeld: Bis zum 30. Juni 2022 haben Beschäftigte weiterhin das Recht, bis zu 20 (statt regulär bis zu 10) Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld zu bekommen, wenn sie der Arbeit fernbleiben, um in einer coronabedingt akut aufgetretenen Situation die Pflege eines nahen Angehörigen zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Bereits genutzte Tage mit Pflegeunterstützungsgeld werden dabei nicht angerechnet.
- Flexiblere Nutzung von Pflege- und Familienpflegezeit: Die Flexibilisierungen bei der Familienpflegezeit und Pflegezeit bleiben bis zum 30. Juni 2022 bestehen. Die Familienpflegezeit muss deshalb nicht unmittelbar an die Pflegezeit anknüpfen – und umgekehrt. Es gilt weiterhin die verkürzte Ankündigungsfrist von 10 Arbeitstagen (statt der regulären 8 Wochen) bei der Familienpflegezeit. Außerdem gelten weiterhin Vorteile bei der Darlehensgewährung während der (Familien-)Pflegezeit. Die maximale Höhe des Darlehens richtet sich nach dem ausgefallenen durchschnittlichen Arbeitsentgelt. Bei der Inanspruchnahme des Darlehens werden bis zum 30.6.2022 aber pandemiebedingte Einkommensausfälle (z.B. durch Kurzarbeit) weiterhin nicht berücksichtigt.
Elektronische AU-Bescheinigung
Eigentlich sollten die Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit (AU) auf gelbem Papier Mitte 2022 ausgedient haben und durch elektronische Meldeverfahren ersetzt werden (siehe auch hier).
Doch nach wie vor hakt die Umsetzung. Jetzt wurde der verbindliche Start des elektronischen Übermittlungsverfahrens an die Arbeitgeber erneut verschoben: vom 1. Juli 2022 auf den 1. Januar 2023. Begründet wurde die erneute Verschiebung der Datenübertragung zur AU an die Arbeitgeber damit, dass sich wegen der Corona-Pandemie auch die Übertragung der Daten an die Krankenkassen verzögert habe und nicht bei allen Vertragsärzten die technischen Voraussetzungen für die Übertragung an die Kassen gegeben seien. Deshalb sei auch das seit Anfang 2022 laufende Pilotprojekt zur Meldung der AU- und Vorerkrankungszeiten an den AG (nach § 125 SGB IV) um weitere sechs Monate bis zum 31. Dezember 2022 verlängert worden.
Regelungen zu digitalen Pflegeanwendungen
Mit dem Digitale-Versorgungs-und-Pflege-Modernisierungsgesetz wurden zum Juni 2021 Leistungen zur digitalen Pflegeanwendung und ergänzende Unterstützungsleistungen von bis zu 50 Euro im Monat eingeführt. Hier wird die Umsetzung dieser Regelungen mit mehreren Änderungen im SGB XI konkretisiert.