Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege

zusammengestellt von Hans Nakielski


Gesetzgebungsverfahren

Gesetzentwurf (BT-Drs. 19/27652)

Vom Bundestag am 6. Mai 2021 mit zahlreichen Änderungen (BT-Drs. 19/29384 – Beschlussempfehlung) beschlossen.

Der Bundesrat hat das Gesetz am 28. Mai 2021 gebilligt.

Das Gesetz wurde am 8. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet.

Es trat zum weit überwiegenden Teil am 9. Juni 2021 in Kraft.

Stellungnahme des DGB zum Referentenentwurf

Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zum Gesetzentwurf


Einige wichtige Inhalte

Das Gesetz sieht eine Weiterentwicklung digitaler Gesundheitsanwendungen, den Ausbau der Telemedizin, zusätzliche Einsatzmögichkeiten in der Telematikinfrastruktur und die Förderung der digitalen Vernetzung vor. Einige wichtige Regelungen:

Neue digitale Anwendungen auch in der Pflege: Gesundheits-Apps können künftig auch in der Pflege zum Einsatz kommen. Sie sollen helfen, mit speziellen Trainingsprogrammen (z.B. zur Sturzrisikoprävention oder zum Gedächtnistraining) die eigene Gesundheit zu stabilisieren oder den Austausch mit Angehörigen oder Pflegekräften zu erleichtern. Es wird ein neues Verfahren zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Pflegeanwendungen geschaffen. Auch die Pflegeberatung wird um digitale Elemente erweitert.

Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs): Versicherte bekommen die Möglichkeit, Daten aus DiGAs in ihre elektronische Patientenakte einzustellen. Leistungen von Heilmittelerbringern und Hebammen, die im Zusammenhang mit DiGAs erbracht werden, werden künftig vergütet. Es sind verpflichtende Zertifikate für den Datenschutz und die Informationssicherheit vorgesehen.

Telemedizin: Die Vermittlung von Vor-Ort-Arztterminen wird um die Vermittlung telemedizinischer Leistungen ergänzt. Ein nutzerfreundliches Portal soll es Leistungserbringern und Versicherten zukünftig ermöglichen, freie Videosprechstunden leichter zu melden bzw. zu finden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird beauftragt, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung zu ermöglichen.
Telemedizinische Leistungen werden auch für Heilmittelerbringer und Hebammen ermöglicht. Zudem kann die psychotherapeutische Akutbehandlung zukünftig auch im Rahmen einer Videosprechstunde stattfinden.

Telematikinfrastruktur: Die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik) erhält den Auftrag, einen sicheren und an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer angepassten Zugang zur Telematikinfrastruktur zu entwickeln. Der elektronische Medikationsplan wird innerhalb der Telematikinfrastruktur in eine eigene Anwendung überführt, die nicht mehr auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert wird. Genau wie bei der elektronischen Patientenakte können Versicherte künftig über ihre persönliche digitale Benutzeroberfläche auch auf diese digitalen Anwendungen selbstständig zugreifen und ihre Versichertenrechte wahrnehmen. Zur Stärkung grenzüberschreitender Patientensicherheit soll bis spätestens Mitte 2023 eine nationale E-Health-Kontaktstelle aufgebaut werden, so dass Versicherte ihre Gesundheitsdaten auch Ärzten im EU-Ausland sicher und übersetzt zur Verfügung stellen können.

Digitale Identität: Ergänzend zur elektronischen Gesundheitskarte haben die Krankenkassen den Versicherten ab dem 1. Januar 2023 auf Verlangen eine sichere digitale Identität für das Gesundheitswesen (z.B. für Videosprechstunden oder digitale Gesundheitsanwendungen) barrierefrei zur Verfügung zu stellen. An den 1. Januar 2024 dienst die digitale Identität in gleicher Weise wie die elektronische Gesundheitskarte zur Authentisierung des Versicherten im Gesundheitswesen und als Versicherungsnachweis. Die Notfalldaten werden zusammen mit Hinweisen der Versicherten auf den Aufbewahrungsort persönlicher Erklärungen zu einer elektronischen Patientenkurzakte weiterentwickelt.

E-Rezept und elektronische Patientenakte: Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege, der außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie, der Heil- und Hilfsmittel, der Betäubungsmittel und weiterer verschreibungspflichtiger Arzneimittel werden elektronische Verordnungen eingeführt. Die Verpflichtung zur Nutzung der elektronischen Verordnung umfasst auch die Verordnung von Verbandmittel, Blut- und Harnteststreifen, bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung sowie verordnungsfähigen Medizinprodukten. Auch DiGAs sollen künftig von Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vollständig elektronisch verordnet werden. Bestehende teilelektronische Modellvorhaben werden abgelöst.
Um eine flächendeckende Nutzbarkeit der jeweiligen elektronischen Verordnungen sicherzustellen, werden die entsprechenden Erbringer der verordneten Leistungen (z. B. Pflegedienste oder auch die Heil- und Hilfsmittelerbringer) zum sukzessiven Anschluss an die Telematikinfrastruktur verpflichtet. Die ihnen dadurch entstehenden Kosten werden ihnen – genau wie den Ärzten – erstattet.
Versicherte sollen künftig Rezepte in der Apotheke auch personenbezogen mit Identitätsnachweis abrufen können.

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Hans Nakielski

ist Dipl.-Volkswirt und Fachjournalist für Arbeit und Soziales in Köln