Sozial­staats­erklärung des Netz­werks Sozial­recht

Stand: 9. Mai 2019 / PDF-Datei

Zusammenhalt, Solidarität einer Gruppe junger Menschen

Deutschland ist nach dem Grundgesetz ein Sozialstaat. Diese Festlegung ist ebenso grundlegend wie die darin enthaltenen weiteren Verpflichtungen auf Demokratie, Rechtsstaat, Bundesstaat und Republik. Den meisten ist bekannt, was letztere bedeuten. Aber nicht allen ist klar, was den Sozialstaat auszeichnet. Darüber hinaus stellen sich viele die Frage, ob Deutschland seinem selbst erhobenen Anspruch voll und umfassend genügt.

Der Sozialstaat erstrebt den Ausgleich unter den in einer Gesellschaft zusammen lebenden und arbeitenden Menschen. Der Sozialstaat ist ein Staat, der Zugehörigkeit und Teilhabe ermöglicht. Durch die Gewährleistung und Fortentwicklung sozialer Rechte wird umgesetzt, was das Wort „sozial“ meint: Alle Menschen sollen sich als „zugehörig“ erfahren. Das erfordert soziale Sicherheit als Kernelement des Sozialstaats. Dieses Ziel wird international seit über 125 Jahren verfolgt. Für die Absicherung sozialer Risiken wird in Deutschland jährlich etwa eine Billion Euro aufgewendet, beispielsweise für den Schutz vor und bei Armut, Krankheit und Pflegebedürftigkeit, im Alter und bei Erwerbsminderung, bei Arbeitslosigkeit und für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Dies entspricht fast 30% des gesamten Bruttoinlandsprodukts. Sozialer Ausgleich und sozialer Friede werden dadurch ermöglicht.

Der Sozialstaat ist nicht statisch, sondern wird immer wieder neu herausgefordert Die Alterung der Bevölkerung, der Wandel der Arbeit, der durch die Digitalisierung angetrieben wird, der medizinische Fortschritt, die Folgen des Klimawandels und die weltweite Migration erfordern Veränderungen. Hierauf muss der Sozialstaat neue Antworten finden, damit Sozialleistungen richtig adressiert und dimensioniert werden. Das darf den Sozialstaat nicht schwächen, sondern muss ihn stärken.

Das Wissen über den Sozialstaat ist dafür unverzichtbar. Es ist in seiner gesamten Breite zu vermitteln. Eine besondere Verantwortung tragen die Wissenschaften. Sie haben bereits vieles zum vertieften Verständnis des Sozialstaats beigetragen und sind weiter gefordert. Der Wandel des Sozialstaats erfordert nicht nur Forschung, sondern auch öffentliche Debatte und fundierte Unterrichtung über die Wirkungen und Voraussetzungen sozialstaatlichen Handelns.

Ohne Sozialstaat gibt es keine lebendige Demokratie. Der Sozialstaat schafft sozialen Ausgleich, ohne den Demokratie als Staatsform nicht bestehen kann, und schützt die Freiheitsrechte. Grundlage dafür ist Rechtsstaatlichkeit, die alle staatliche Gewalt an Verfassung, Gesetz und Recht bindet. Der soziale Rechtsstaat unserer Verfassung ist zugleich der sozialen Gerechtigkeit und der sozialen Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger verpflichtet.

Wir sind ein Netzwerk von Menschen, die dem Sozialstaat verbunden sind, und haben uns zusammengefunden, um für die Idee des Sozialstaats zu wirken.

Wir sind überzeugt, dass eine humane Gestaltung der Zukunft ohne den Sozialstaat nicht gelingen wird. Dafür ist es nötig, öffentlich für den Sozialstaat und sein Sozialrecht einzutreten und seinen Nutzen für die Gesellschaft und jede und jeden Einzelnen zu verdeutlichen.

Wir setzen uns für den Ausbau von Bildungsangeboten ein, die über die Aufgaben und Herausforderungen des Sozialstaats informieren.

Wir treten für einen prominenten Platz sozialstaatlicher Themen, insbesondere des Sozialrechts, in der Ausbildung von Juristinnen und Juristen sowie im Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften ein.

Wir unterstützen eine breite wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Debatte über die Ziele und Mittel des Sozialstaats, seine Leitvorstellungen und Institutionen.

Wir bieten ein Forum für alle, die sich mit uns für eine gelingende Zukunft des Sozialstaats einsetzen wollen.