zusammengestellt von Hans Nakielski
Gesetzgebungsverfahren
Erste Beratung im Bundestag am 6. November 2020.
Der Bundesrat forderte in seiner Stellungnahme vom 6. November 2020 (BR-Drs. 645/20 – Beschluss) mehrere Änderungen, insbesondere müssten die Rechtsgrundlagen für Corona-Schutzmaßnahmen konkretisiert werden.
Vom Bundestag am 18. November 2020 mit zahlreichen Änderungen angenommen (BT-Drs. 19/24334 – Beschlussempfehlung).
Der Bundesrat hat in einer Sondersitzung – ebenfalls am 18. November 2020 – zugestimmt.
Das Gesetz wurde bereits am 18. November 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Es trat in seinen überwiegenden Teilen am 19. November 2020 in Kraft.
Stellungnahme des DGB zum Gesetzentwurf
Einige wichtige Inhalte
Mit dem neuen Gesetz sollen die Regelungen der beiden Bevölkerungsschutzgesetze, die im Zuge der Corona-Pandemie im März 2020 und im Mai 2020 beschlossenen worden waren, fortentwickelt werden. Es geht vor allem um Änderungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG), insbesondere um weitere oder geänderte zeitliche Ermächtigungsgrundlagen für die Regierung während einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“.
- Rechtsgrundlagen für Corona-Schutzmaßnahmen: Nur wenn der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt, kann das Bundesgesundheitsministerium bzw. die Bundesregierung anhand festgelegter Kritieren spezifische Corona-Verordnungen erlassen. Das Gesetz definiert den Begriff der epidemischen Lage von nationaler Tragweite und präzisiert Voraussetzungen und Verfahren zur Feststellung durch den Bundestag sowie Informationspflichten der Bundesregierung. Der Bundestag kann jederzeit die epidemische Lage von nationaler Tragweite für beendet erklären.
Nur wenn alle Schutzmaßnahmen – von Abstandsgebot bis Veranstaltungsverbot – nicht helfen, um das Corona-Virus wirksam einzudämmen, können umfassendere Maßnahmen (z.B. Ausgangsbeschränkungen) durch die Länder getroffen werden. Ein neuer § 28a IfSG präzisiert die bisherige Generalklausel und zählt beispielhaft auf, welche Maßnahmen die Länder per Verordnung regeln können – etwa Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Verbot von Kulturveranstaltungen, Demonstrationen oder touristischen Reisen oder Schließung von gastronomischen Betrieben. Rechtsverordnungen der Länder sind zu begründen und zeitlich zu befristen. Die Geltungsdauer beträgt grundsätzlich vier Wochen, kann aber verlängert werden. Das Recht des Bundestages, Rechtsverordnungen zu verändern, bleibt erhalten. - Finanzielle Hilfen für Krankenhäuser und stationäre Reha- und Vorsorgeeinrichtungen: Die „Freihalte-Pauschalen“ für Kliniken sollen zielgenau wieder eingeführt werden: Entscheidend für die Förderung ist, dass die jeweiligen Intensivkapazitäten knapp sein müssen (weniger als 25 % frei und betreibbar) und in dem jeweiligen Gebiet die Sieben-Tagesinzidenz über 70 liegt. Ausgleichszahlungen sollen insbesondere an Krankenhäuser gehen, die eine Versorgungsstruktur vorhalten, die in besonderem Maße für intensivmedizinische Behandlung geeignet ist.
Die vorgesehenen Pauschalen werden für 90 % der Patientinnen und Patienten gezahlt, die weniger im Krankenhaus behandelt werden als im Durchschnitt des Vorjahres.
Außerdem sollen Reha-Einrichtungen bis zum 31. Januar 2021 wieder als Ersatzkrankenhäuser genutzt werden können, um COVID-19-Patienten bei Abklingen der Symptome oder andere Patienten zu übernehmen und damit Intensivstationen zu entlasten.
Auch für stationäre Reha- und Vorsorgeeinrichtungen gibt es einen auf zweieinhalb Monate befristeten „Rettungsschirm“: Übernommen werden die Hälfte der Kostenausfälle orientiert an den durchschnittlichen Tagespauschalen.
Refinanziert werden die beiden Rettungsschirme über den Bundeshaushalt. - Schutzmasken für Risikogruppen: Versicherte sollen grundsätzlich einen Anspruch auf die Schutzmasken erhalten, wenn sie zu einer Risikogruppe mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 gehören.
Einzelheiten zur konkreten Ausgestaltung des Anspruchs, zur Art der Schutzmasken, zur Anzahl der vom Anspruch umfassten Schutzmasken sowie zu Vertrieb und Abgabe der Schutzmasken werden im Rahmen einer gesonderten Rechtsverordnung durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geregelt.
Inzwischen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in einer vom BMG erbetenen Stellungnahme konkretisiert, welche Bevölkerungsgruppen ein erhöhtes Risiko für einen schweren und tödlichen Krankheitsverlauf haben. Demnach betrifft dies insgesamt 27,35 Mio. Bundesbürger. Davon stellen die über 60-Jährigen mit ca. 23,7 Mio. Personen die mit Abstand größte Gruppe. Als weitere Risikogruppen werden u. a. rund 1,2 Mio. Menschen mit Diabetes Typ-2 sowie etwa 1,5 Mio. COPD/Asthma-Patienten unter 60 Jahren angegeben. - Impfprogramme: Nicht nur Versicherte, sondern auch Nichtversicherte sollen einen Anspruch auf Schutzimpfungen und Testungen haben können, wenn eine Rechtsverordnung des BMG dies vorsieht. Die Verordnung kann für die entsprechenden Leistungen auch Regelungen u.a. zur Vergütung und Abrechnung vorsehen.
- Weitere Unterstützung für erwerbstätige Eltern: Die mit dem ersten Bevölkerungsschutzgesetz im März 2020 geschaffene Entschädigungsregelung des § 56 Abs. 1a IfSG für erwerbstätige Eltern, die bei behördlich angeordneten Kita- und Schulschließungen oder dem Betretungsverbot entsprechender Einrichtungen keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind haben, wird bis März 2021 fortgeführt. Bei einem unter Quarantäne gestellten Kind ist ebenfalls eine Entschädigungszahlung (67 % des entstandenen Verdienstausfalls – höchstens 2.016 Euro im Monat) für die Eltern möglich. Keine Entschädigung wegen eines Verdienstausfalls bekommen allerdings nun Eltern, sie bzw. ihre Kinder wegen einer vermeidbaren Reise in ein Risikogebiet in Quarantäne müssen.
- Mehr Laborkapazitäten für Corona-Tests: Im Sinne einer effizienten Nutzung der vorhandenen Testkapazität wird der Arztvorbehalt modifiziert, um patientennahe Schnelltests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 einsetzen zu können und bei Bedarf auch Kapazitäten der veterinärmedizinischen Labore abrufen zu können.
<< zurück zur Übersicht: Beschlossene aktuelle Sozialgesetze