Kurz notiert
Rechtsprechungsüberblick EuGH und EGMR zum Arbeits- und Sozialrecht sowie zur Rechtspolitik der EU aus dem 2. Quartal 2024
8. August 2024 von Bertold Brücher
Der HSI-Report zum Europäischen Arbeits- und Sozialrecht bietet quartalsweise einen kompakten Überblick über aktuelle Verfahren vor dem EuGH und dem EGMR. Darüber hinaus informiert er über politische Entwicklungen in der EU und im Arbeitsvölkerrecht. Im aktuellen HSI-Report 2/2024 sind eine Übersicht über die Rechtsprechung des EuGH und des EGMR sowie weiterer Spruchkörper zu finden; es werden zudem neue Entwicklungen der Rechtspolitik im europäischen Arbeits- und Sozialrecht von April bis Juni 2024 aufgezeigt.
Sozialwahlen 2023 sind beendet
12. Juli 2023 von Bertold Brücher
Alle sechs Jahre sind alle Sozialversicherten und alle Arbeitgeber berechtigt, ihre Selbstverwaltungsorgane (Vertreterversammlungen oder Verwaltungsräte) zu wählen. Nach den zuvor letzten Wahlen in 2017 fanden sie dieses Jahr in der Zeit vom 25. April 2023 bis zum 31. Mai 2023 statt.
Bezogen auf die Deutsche Rentenversicherung Bund haben zwar über 6,4 Millionen Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben; gleichwohl sind dies nur 22,31 % aller Wahlberechtigten. Bei den Sozialwahlen 2017 hatte die Wahlbeteiligung, gegenüber der Vorwahl angestiegen, noch bei 30,16 % gelegen.
Auf die Prozentangaben bezogen ergaben die Sozialwahlen in der gesetzlichen Krankenversicherung ein ähnliches Bild: Die Wahlbeteiligung betrug in diesem Jahr nur 22 Prozent. Von den bundesweit 51,3 Millionen Wahlberechtigten haben 11,5 Millionen ihre Stimme abgegeben. Im Jahr 2017 hatte die Wahlbeteiligung noch 30,4 % betragen.
Sämtliche Ergebnisse, ausgewiesen nach den einzelnen Sozialversicherungsträgern, gibt es hier.
180.000 Berufskrankheiten in 2022 wegen Covid-19-Infektion anerkannt, aber nur 76 Renten
29. Juni 2023 von Bertold Brücher
Aus den Geschäfts- und Rechnungsergebnissen der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen für das Jahr 2022 geht hervor, dass die Anzahl der Wege- und Schulunfälle gegenüber dem Vorjahr 2021 anstieg, aber doch deutlich hinter dem vorpandemischen Niveau zurückblieb. Die Zahl der Verdachtsanzeigen und Anerkennungen von Berufskrankheiten hingegen erreichte 2022 ein Rekordhoch. Grund ist der starke Anstieg bei den Infektionskrankheiten, zu denen auch COVID-19 zählt. Die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle ging dagegen im Vergleich zum Vorjahr zurück.
Insgesamt gingen 370.141 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit ein. Das entspricht einer Zunahme von 62,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In 199.542 Fällen wurde eine Berufskrankheit anerkannt, was ebenfalls einer Steigerung von mehr als 60 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Damit wurden fünfmal so viele Fälle wie im Jahr 2020 als Berufskrankheit anerkannt, davon mehr als 180.000 BKen wegen Covid-19-Infektion, aber nur 76 Renten, denen eine COVID-19-Erkrankung voraus ging.
Näheres ist zu finden unter https://www.dguv.de/de/zahlen-fakten/bk-geschehen/index.jsp .
Ergänzend: Mittlerweile gibt es einige veröffentlichte sozialgerichtliche Entscheidungen zu Covid 19 als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall:
SG Duisburg, Urteil vom 13. Juni 2023 – S 36 U 38/22 –, juris |
Anerkennung Covid 19 als BK |
Klage stattgegeben, BK anerkannt |
SG Speyer, Urteil vom 9. Mai 2023 – S 12 U 88/21 –, juris |
Anerkennung Covid 19-Infektion als Arbeitsunfall |
Klage abgewiesen |
SG Karlsruhe, Urteil vom 13. Juni 2023 – S 11 U 2168/22 –, juris |
Anerkennung Covid 19-Infektion als Arbeitsunfall |
Klage abgewiesen |
SG Osnabrück, Urteil vom 23. März 2023 – S 17 U 220/21 –, juris |
Covid 19, Arbeitsunfall, Hinterbliebenenleistungen |
Klage abgewiesen |
SG Potsdam, Urteil vom 6. März 2023 – S 2 U 32/22 –, juris |
Anerkennung als Arbeitsunfall Covid 19 -Infektion einer ehrenamtlichen Richterin im Rahmen einer Kammersitzung |
Klage stattgegeben, Arbeitsunfall anerkannt |
SG Speyer, Urteil vom 7. Februar 2023 – S 12 U 188/21 –, juris |
Anerkennung Covid 19-Infektion als Arbeitsunfall |
Klage abgewiesen |
Befragung zur Alterssicherung: Rente muss höher und sicher sein!
21. Februar 2023 von Bertold Brücher
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Arbeiterkammern des Saarlands und Bremens haben eine Befragung zur Altersvorsorge bei 3.085 Beschäftigten im Alter von 18 bis 67 Jahren erheben lassen. „Mit 96 Prozent findet es eine überwältigende Mehrheit wichtig bis äußerst wichtig, dass der Lebensstandard gesichert wird. 99 Prozent wollen, dass die Rente Armut vermeidet. Das lässt sich nur mit höheren Renten realisieren, die wie die Löhne steigen.“ (DGB-Bundesvorstandsmitglied Anja Piel zu den Ergebnissen der Befragung).
Diese durchaus repräsentative Befragung wurde durchgeführt, um zu ermitteln, welche Erwartungen an das gesetzliche Rentenversicherungssystem gestellt werden. Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Renten müssen verlässlich sein, höher als bisher und den Lebensstandard sichern.
Jahrespressegespräch des BSG 2023
8. Februar 2023 von Bertold Brücher
Das Jahrespressegespräch des Bundessozialgerichts (BSG) lebt davon, dass gerade nicht „trockene Statistik“ wiedergegeben wird, sondern dass in lockerer Ansprache auch Gedanken zum Sozialrecht und seiner Entwicklung gegeben werden. Da gibt es auch durchaus kontrovers zu diskutierende Beiträge – wie auch diesmal – nachzulesen in den Eindrücken der Redaktion.
Den Bericht über das Jahr 2022 im BSG mit `nüchternem Zahlenwerk´ über die Eingänge und Erledigungen und fundierten Informationen über manches andere wichtige Detail gibt es auch– nachzulesen im Jahresbericht 2022 des Bundessozialgerichts.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Der „gelbe Schein“ ist für alle gesetzlich Krankenversicherten Geschichte
von Bertold Brücher
Seit dem 1. Januar 2023 hat der „gelbe Schein“ als Beleg für ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit ausgedient – jedenfalls für alle gesetzlich Krankenversicherten. Denn zum Jahresbeginn 2023 ist die Arbeitsunfähigkeitsbestätigung von den behandelnden Ärzt*innen (auch im Krankenhaus) direkt digital an die Krankenkasse zu senden und word von dort für den Arbeitgeber zum Abruf bereit gehalten. Damit entfällt die Verpflichtung der Arbeitnehmer*innen, dem Arbeitgeber einen „gelben Schein“ zu übermitteln. Die Pflicht, sich beim Arbeitgeber arbeitsunfähig zu melden, bleibt erhalten. Genaueres siehe hier.
Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen die Pflicht zum Nachweis einer Impfung gegen Masern
23. August 2022 von Bertold Brücher
Im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2022 – 1 BvR 469/20 u.a. geht es um mehrere Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Vorschriften des Masernschutzgesetzes richten dergestalt, dass mit dem Nichtnachweis einer Masernschutzimpfung es untersagt ist, Kinder in Kindertagesstätten und vergleichbare Einrichtungen zu betreuen. Näheres ist dem Kurzvermerk zu entnehmen.
Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) – Förderung von Stiftungsprofessuren 2022
20. Juli 2022 von Bertold Brücher
Mit dem „Fördernetzwerks Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung“ (FIS) verfolgt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) seit 2016 das Ziel, die unabhängige Sozialpolitikforschung in Deutschland zu stärken.
Auch in diesem Jahr werden über das FIS wieder Stiftungsprofessuren (zum Begriff) gefördert. Im Blick sind dieses Jahr Stiftungsprofessuren mit den thematischen Schwerpunkten
- soziale Dimensionen der Klima- und Umweltpolitik,
- Teilhabe von Menschen mit Behinderungen,
- sozial- und arbeitsmarktpolitische Herausforderungen der Migration,
- Fluchtmigration und Integration insbesondere vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung in Deutschland
- sowie sozialrechtliche Fragestellungen.
Aus dem „Aufruf zur Einreichung von Interessenbekundungen“ ergeben sich sämtliche Informationen zum Ziel und zu den Bedingungen dieses Förderprojekts.
Im ersten Schritt haben alle interessierten Institutionen die Möglichkeit, bis zum 31. Oktober 2022 Interesse an einer Förderung unter Einreichung einer Skizze zu bekunden. Auf Basis dieser wird dann in einem zweiten Schritt eine begrenzte Anzahl von Institutionen zur Antragstellung aufgefordert werden.
Kein niedrigeres Kindergeld, wenn Kind in anderem EU-Staat lebt als die Eltern
21. Juni 2022 von Bertold Brücher
Immer wieder gibt es in Deutschland Diskussionen über die Höhe des Kindergelds, wenn die Eltern in Deutschland, die Kinder aber in einem anderen EU-Mitgliedsstaat leben. So wird geäußert, dass die Höhe des Kindergelds davon abhängig gemacht werden soll, wie hoch die Lebenshaltungskosten im Aufenthaltsland des jeweiligen Kindes sind („Indexierungsmechanismus“).
In Österreich gibt es seit Beginn 2019 tatsächlich eine solche Regelung. In einem Vertragsverletzungsverfahren hat der EuGH nun entschieden, dass solche Gestaltungen gegen europäisches Recht verstoßen. Damit beschäftigt sich ein Vermerk.
P.S.: Sollte sich Österreich der Entscheidung des EuGH widersetzen, drohen finanzielle Sanktionen
Über die örtliche Sozialversicherungszuständigkeit für Flugzeug-Besatzungen (Crew)
20. Mai 2022 von Bertold Brücher
45 Minuten arbeitstäglich im „Crew-Raum“, danach den Rest des Arbeitstages in der Luft und in Europa unterwegs: In welchem Staat ist die Flugzeug-Crew sozialversichert, wenn keine E101-Bescheinigung vorliegt? Im Staat, in dem der Hauptsitz der Fluggesellschaft ist? Im Staat, in dem der Startflughafen liegt? Mit diesem Problem hatte sich der EuGH auf Vorlage des italienischen Kassationsgerichtshofs zu befassen. Siehe dazu den Vermerk.
Überraschendes Urteil des BAG mit einem Auftrag an den Sozialgesetzgeber
14. Oktober 2021 von Bertold Brücher
Ändert das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Urteil vom 13. Oktober 2021 seine Rechtsprechung zur Betriebsrisikolehre – zugunsten der Arbeitgeber – oder entwickelt es sie `nur´ fort und bereichert sie um eine weitere Facette? Ein Fall einer „Minijobberin“, die wegen pandemiebedingter Ladenschließung nicht arbeiten konnte und der nun vom BAG entschieden worden ist, lässt diese Frage stellen.
Auf jeden Fall sieht das oberste Arbeitsgericht in der Bundesrepublik aber den Gesetzgeber gefordert, eine im Sozialrecht bestehende Regelungslücke zu schließen.
Mit beidem beschäftigt sich der Kurzvermerk der Redaktion.
„Digitalisierung für Gesundheit – Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems“
30. September 2021 von Bertold Brücher
Der Sachverständigenrat (SVR) zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen erstellt alle zwei Jahre Gutachten zur Entwicklung in der gesundheitlichen Versorgung, u.a. um Möglichkeiten und Wege zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens aufzuzeigen.
Die Gutachten werden dem Bundesministerium für Gesundheit und den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes vorgelegt. Bisher sind 20 Gutachten erschienen.
Das Gutachten in 2021 beschäftigt sich mit der Digitalisierung für Gesundheit und beleuchtet Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems. Zum knapp 400 Seiten umfassenden Gutachten gibt es eine Zusammenfassung. Bei Eröffnung des Symposiums zum Gutachten am 17. Juni 2021 stellte der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. med. Ferdinand Gerlach u.a. die These auf:
„Die bislang vertretenen Konzepte von Datensparsamkeit und unmittelbarer Zweckbindung sind lebensfremd, irreführend und manchmal sogar schädlich.“
Ein Vermerk aus der Redaktion gibt einen kurzen Einblick in das anregungs- und anspruchsvolle Gutachten und merkt aus sozialdatenschutzrechtlicher Sicht dazu an.
Befragung von 1608 Absolvent*innen des Jura-Studiums
16. August 2021 von Bertold Brücher
Seit 2014 führt der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) alle zwei Jahre eine Absolvent*innenbefragung durch. Ziel der Befragung 4. Befragung in 2020 war es, ähnlich wie in den vorangegangen Erhebungen, einerseits Universitäten und Hochschulen auf Missstände aufmerksam zu machen, andererseits aber auch positive Entwicklungen der Ausbildung hervorzuheben. An der jüngsten Befragung haben 1608 Absolvent*innen teilgenommen. U.a. sind Ergebnisse dieser Befragung, dass ca. ¾ der Befragten den Beibehalt des Schwerpunktstudiums – also unter anderem des Sozialrechts und es Arbeitsrechts – wünschen und eine zunehmende Zahl der Teilnehmenden das Bedürfnis äußerte, dass Studierende in die Debatte um die Reform der juristischen Ausbildung miteingebunden werden sollten.
Der BRF ist die Interessenvertretung der Jurastudierenden in Deutschland. Als Dachverband juristischer Fachschaften vertritt er die hochschulpolitischen Interessen von über 110.000 Studierenden bundesweit gebündelt, unabhängig und überparteilich gegenüber regionalen und überregionalen Institutionen.
Unfallversicherungsschutz im Homeoffice mit dem im Betrieb und in der Dienststelle gleichgestellt!
26. Mai 2021 von Bertold Brücher
Nun ist es vom Bundestag am 21.05.2021 und auch vom Bundesrat am 28.05.2021 beschlossen worden: Der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice wird dem im Betrieb oder der Dienststelle gleichgestellt. Somit werden Versicherungslücken geschlossen. Insbesondere der hohe Anteil an Beschäftigten, der seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Homeoffice arbeitet, zeigt, wie notwendig die Schließung dieser Regelungslücke war.
Die Ergänzung des § 8 um Satz 3 in Absatz 1 und Nr. 2a in Absatz 2 SGB VII führt zur unfallversicherungsrechtlichen Gleichstellung des Arbeitens im Homeoffice mit der Arbeit im Betrieb oder der Dienststelle. Weitergehend wird der Schutz in Abs. 1 auf jegliches Arbeiten an einem anderen Ort ausgedehnt. Durch diese Ergänzung wird berücksichtigt, dass mittlerweile in vielfältiger Weise mobil gearbeitet wird; dabei geht es i.d.R. um Arbeiten, die ansonsten im Büro etc. verrichtet werden.
Durch die Einfügung der Nr. 2a in § 8 Abs. 2 SGB VII wird auch eine wegeunfallversicherungsrechtliche Gleichstellung des im Homeoffice arbeitenden Elternteils mit dem im Betrieb arbeitenden Elternteils erreicht, wenn es um den Weg zum Hinbringen oder Abholen von Kindern in/aus fremder Obhut geht.
Was lange währt, wird endlich gut: Der aus heutiger Sicht: „Vorgeschichte“ zum – nun vom Gesetzgeber im Betriebsrätemodernisierungsgesetz beschlossenen – Unfallversicherungsschutz im Homeoffice widmete sich das Thema des Monats Januar/Februar auf dieser Homepage.
Tagungsbericht „COVID-19-Krise und ihre Folgen für Erwerbstätige“ – DGB Online-Veranstaltung vom 24.03.2021
15. April 2021 von Bertold Brücher
In der am 24.03.2021 stattgefundenen Tagung wurden die arbeits- und sozialrechtlichen Folgen der COVID-19-Krise für Erwerbstätige beleuchtet. Die Veranstaltung wurde eingeführt durch Anja Piel, die aufzeigte, dass die Pandemie die Branchen und die jeweiligen Beschäftigten unterschiedlich getroffen hat: Während einige wenige Branchen von den Pandemiemaßnahmen profitieren, arbeiten andere seit Beginn der Pandemie mehr als vorher und müssen zugleich die Kinderbetreuung übernehmen. Andere arbeiten seit Monaten gar nicht und sind in Kurzarbeit.
Lesen Sie hierzu den ausführlichen Tagungsbericht.
Impfpflicht für Kinder in der Tschechischen Republik ist zulässig, so der EGMR
von Bertold Brücher
Am 8. April 2021 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strasbourg über fünf Beschwerden zur Kinder-Impfpflicht in der Tschechischen Republik entschieden.
Der Gerichtshof kommt in seinem (bislang nur in Englisch und Französisch abgesetztem) Urteil zu dem Ergebnis. dass die(se) Impfpflicht nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt und zulässig ist.
In Deutschland gibt es eine Impfpflicht im Infektionsschutzgesetz in der Fassung des Masernschutzgesetzes vom 10. Februar 2020. Hierzu sind vier Verfassungsbeschwerden anhängig, über die das Bundesverfassungsgericht noch in 2021 entscheiden möchte (dort Nr. 24).
Wie sieht es mit der Anerkennung von Covid-19-Erkrankungen als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall tatsächlich aus?
12. März 2021 von Bertold Brücher
Eine Covid-19-Erkrankung kann als Berufskrankheit oder als Arbeitsunfall anerkannt werden. Das klingt erst einmal folgerichtig. Doch wie die Praxis aussieht, beleuchten Antworten der Bundesregierung aus der 7./8. Kalenderwoche auf vier Fragen der Abgeordneten Jutta Krellmann (DIE LINKE) sowie eine Frage der Abgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht (FDP). Siehe Schriftliche Fragen von Bundestagsabgeordneten zu Corona als Berufskrankheit und Arbeitsunfall
18.069 COVID-19-Erkrankungen wurden in 2020 als Berufskrankheit anerkannt
10. März 2021 von Bertold Brücher
Im Jahr 2020 sind nach einer Pressemitteilung des Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V., Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, (DGUV) vom 3. März 2021 insgesamt 105.759 Fälle von Anzeigen auf Vorliegen einer Berufskrankheit bei den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen eingegangen. Entschieden wurden 102.623 Fälle, was einer Zunahme um mehr als 31 Prozent bedeutet.
Die Fälle, bei denen sich der Verdacht auf eine Berufskrankheit bestätigt hat – so der DGUV – lagen mit 53.880 um fast 53 Prozent höher als in 2019.
Allein 30.329 Verdachtsanzeigen waren solche auf Vorliegen einer Berufskrankheit durch COVID-19. Bis zum Jahresende 2020 haben die Unfallversicherungsträger davon 22.863 Fälle entschieden: 18.069 COVID-19-Erkrankungen wurden als Berufskrankheit anerkannt (aus einer Pressemitteilung des DGUV vom 08.03.2021, #ImpfenSchützt)
Für Elternurlaub ist es nicht notwendig, dass zum Zeitpunkt der Geburt oder der Adoption des Kindes ein Beschäftigungsverhältnis bestand, aber …
25. Februar 2021 von Bertold Brücher
Der EuGH hat am 25. 2. 2021 In der Rechtssache C‑129/20 entschieden, dass ein Mitgliedstaat das Recht auf Elternurlaub nicht von dem Erfordernis abhängig machen darf, dass der Elternteil zur Zeit der Geburt oder Adoption des Kindes einer Beschäftigung nachgegangen ist. Zwar ist es zur Begründung des Anspruchs auf Elternurlaub mit europäischen Recht (Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub) vereinbar, dass eine nationale Bestimmung eine Beschäftigung von wenigstens 12 Monaten unmittelbar vor Inanspruchnahme des Elternurlaubs voraussetzt. Es ist jedoch nicht mit europäischem Recht vereinbar, dass die Elternurlaub realisieren wollende Person zum Zeitpunkt der Geburt oder der Adoption seines Kindes erwerbstätig gewesen sein muss.
Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Änderung des § 5a Deutsches Richtergesetz (DRiG)
22. Februar 2021 von Bertold Brücher
In der juristischen Ausbildung muss die Befassung mit und die Reflexion des NS-Unrechts elementarer Bestandteil sein. Zudem ist es notwendig, dass Arbeitsrecht und Sozialrecht zum Pflichtfach werden. Dies ist die Kernbotschaft in der Stellungnahme des DGB zur Initiative der Bundesjustizministerin zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes.
Homepage des Instituts für Arbeitsschutz (IFA)
18. Dezember 2020 von Bertold Brücher
Auf der Homepage des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wird ein umfassender Überblick zu Studien und dergl. gewonnenen Erkenntnissen des Arbeitsschutzes gegeben. Ausführliche Berichte zu aktuellen Forschungsthemen in Form von IFA Reports (bis 2009: BGIA- bzw. BIA-Reports) und Reports anderer Unfallversicherungsträger sind ebenso veröffentlicht wie Fachinformationen oder Praxishilfen.
Die Publikationen können kostenlos bezogen werden, ein großer Teil der Veröffentlichungen steht auch zum Download zur Verfügung. Zudem wird eine Verlinkung mit der Forschungsdatenbank Arbeitsschutz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) geboten, die Informationen über laufende und abgeschlossene Forschungs- und Entwicklungsprojekte der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) enthält.
Nicht nur für beruflich im Arbeitsschutz involvierte Menschen, sondern auch für Unfallversicherungrechtler*innen findet sich hier eine umfassende Quelle aktueller Erkenntnis.
SARS-CoV-2 – Schutzstandards für Bildungseinrichtungen
13. November 2020 von Bertold Brücher
In „Corona-Zeiten“ ist es oft verwirrend, welche Regelungen wann und wo gelten. Das betrifft auch den Bereich der Schulen und Kindergärten.
Hilfreich informiert der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) unter SARS-CoV-2 – Schutzstandards für Bildungseinrichtungen; hier lässt sich von Bundesland zu Bundesland „durchclicken“ auf dort stets aktualisierte Seiten.
Es wird informiert über die neuesten Entwicklungen im jeweiligen Bundesland , es wird Hilfestellung für ein sicheres und gesundes Arbeiten, Lehren und Lernen in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen gegeben.
Justizministerium legt Evaluierungsbericht zum „Syndikusrechtsanwaltsgesetz“ vor
28. Oktober 2020 von Bertold Brücher
Zum 1. 1. 2016 wurde nicht nur der Begriff des Syndikusrechtsanwalts geschaffen, sondern auch die Regelungen, nach denen sich Juristinnen und Juristen im sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis von der Rentenversicherungspflicht zugunsten einer Verbeitragung in einem Versorgungswerk der Rechtsanwälte befreien können. Damit hat – zu Lasten der DRV-Versichertengemeinschaft – der Gesetzgeber eine Entscheidungslinie des BSG aus 2014 (zB: BSG, Urteil vom 3. 4. 2014 – B 5 RE 13/14 R) „revidiert“.
Im Gesetz war auch eine Evaluation der Neureglung vorgesehen; den Bericht hierzu hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) der Bundesregierung vorgelegt, die diesen am 21. 10. 2020 beschlossen hat. Die Evaluierung kommt, so die Bundesregierung, zu dem Ergebnis, dass sich das Gesamtkonzept einer gesetzlichen Regelung des Berufs der Syndikusrechtsanwältin und des Syndikusrechtsanwalts bewährt hat.
Coronavirus-Testverordnung
23. Oktober 2020 von Bertold Brücher
Immer wieder ist unklar, wann ein Anspruch auf (für den Untersuchten) kostenfreie Untersuchung auf Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht. Auskunft gibt die am 14.10.2020 vom Bundesministerium für Gesundheit erlassene Coronavirus-Testverordnung – TestV.
Einen anschaulichen Überblick über die Kostentragung gibt das von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) erstellte Schaubild.
EUGH: Kein Sozialhilfe-Ausschluss für arbeitslosen Wanderarbeiter, dessen Kind im Aufnahmestaat Aufenthaltserlaubnis zum Schulbesuch hat
6. Oktober 2020 von Bertold Brücher
Wer sich auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach Verordnung Nr. 492/2011 berufen kann, dem kann von einem (JobCenter des) Aufnahmemitgliedstaat(s Deutschland) nicht die Ausnahmeregelung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 zum Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der Sozialhilfe entgegengehalten werden. Von daher können ein früherer Wanderarbeitnehmer und seine Kinder, denen ein Aufenthaltsrecht aufgrund des Schulbesuchs der Kinder zusteht, nicht mit der Begründung, dass der ehemalige Wanderarbeiter arbeitslos geworden ist, automatisch von nach dem nationalen Recht vorgesehenen Leistungen der sozialen Grundsicherung ausgeschlossen werden. (EuGH, Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 6. Oktober 2020, C 181/19)
SGG: Besteht ein Zusammenhang zwischen Gerichtskostenfreiheit und aussichtslosen Verfahren?
22. September 2020 von Bertold Brücher
Die Kostenprivilegierung stellt eine besondere Ausprägung des sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes dar. (Loytved, jurisPR-SozR 1/2020 Anm. 4). Sie ist – annähernd einzigartig für Prozessordnungen – im Sozialgerichtsgesetz (SGG) verankert (§ 183 SGG).
Nun möchte das Land Hessen dieses Privileg für „Vielkläger“, Wortschöpfung im hessischen Gesetzesentwurf, einschränken und bringt diesen in den Rechtsausschuss des Bundesrats ein.
Sehr fundiert beschäftigt sich mit dem Vorhaben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Er kommt, auch gestützt auf gutachterliche Expertise, in seiner Stellungnahme zur entschlossenen Ablehnung, auch, weil eine Verfahrensgebühr für Vielkläger lebensfremd sei.
Wenig mit Worten begründet ist dem hingegen die Äußerung des VdK zu dem hessischen Vorhaben.
Regelungen der Bedarfe für Bildung und Teilhabe sind wegen Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts mit dem Grundgesetz unvereinbar (BVerfG, 2 BvR 696/12)
1. September 2020 von Bertold Brücher
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 7. Juli 2020 (BVerfG 2 BvR 696/12,veröffentlicht am 7. August 2020) § 34 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7 und § 34a SGB XII in der Fassung vom 24. März 2011 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt.
Denn die angegriffenen Regelungen stellen eine unzulässige Aufgabenübertragung dar und verletzen Landkreise und kreisfreie Städte (hier waren die die Beschwerdeführerinnen kreisfreie Städte des Landes Nordrhein-Westfalen) in ihrem Recht auf Selbstverwaltung.
Die Regelungen bleiben jedoch bis zum 31. Dezember 2021 weiter anwendbar. Die in § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 SGB XII geregelten Aufgaben entsprechen dagegen inhaltsgleich bereits früher auf die Kommunen als örtliche Träger der Sozialhilfe übertragenen Aufgaben und sind mit dem Grundgesetz vereinbar (sinngemäße Wiedergabe aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 69/2020 vom 7. August 2020).
Das „Patientendaten-Schutz-Gesetz“ wurde am 3. Juli im Bundestag verabschiedet
6. August 2020 von Bertold Brücher
Das Bundesgesundheitsministerium äußert sich wie folgt: „Mit dem „Patientendaten-Schutz-Gesetz“ (PDSG) werden digitale Angebote wie das elektronische Rezept oder die elektronische Patientenakte nutzbar – und sensible Gesundheitsdaten gleichzeitig bestmöglich geschützt.“
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) es mit dem Gesetz gelungen, das Vorhaben der elektronischen Patientenakte unter Beachtung von Sicherheit und Schutz der Patientendatent voranzutreiben. Fehlgeleitet ist jedoch der Ansatz, zusätzliche Vergütungsregelungen festzuschreiben, um Ärztinnen und Ärzte sowie Apotheken für die Unterstützung von Versicherten bei der Einführung und Anwendung der ePA und ihrer Funktionen zu entschädigen. Nachgebessert wurde im Gegensatz zum Referentenentwurf die Ausgestaltung der „Datenspende“.
Der Hausärzteverband kritisierte schon vor Gesetzesverabschiedung, dass der Mehraufwand, der mit der elektronischen Patientenakte einhergeht (Erstbefüllung, Aktualisierung der Notfalldaten, Unterstützung der Patienten), nicht angemessen vergütet werde.
Grundsätzlich begrüßen die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) die zunehmende Digitalisierung des Gesundheitswesens und viele der geplanten Änderungen und Neuerungen im PDSG, wenn auch einige Kritikpunkte aus der Stellungnahme zum Gesetzesentwurf aufrechterhalten bleiben.
Juristisches Referendariat demnächst in Teilzeit möglich?
28. Juli 2020 von Bertold Brücher
Aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz liegt ein Referentenentwurf vor, mit dem zahlreiche Anregungen umgesetzt werden sollen, die vor Allem im Bereich des notariellen Berufsrechts an das Fachministerium herangetragen worden sind. Daneben soll es auch zu Änderungen im anwaltlichen Berufsrecht kommen. Für die Ausbildung enthält der Entwurf ebenso Relevantes: Die juristischen Staatsprüfungen sowie die notariellen Prüfungen sollen künftig elektronisch durchgeführt werden können (nicht: müssen). Eingeführt werden soll zudem die Möglichkeit, den juristischen Vorbereitungsdienst als Teilzeitreferendariat zu absolvieren.
Die für die originäre Ausbildung der Jurist*innen interessanten Passagen finden sich auf den S. 33, 91 f. und 180 f. des Referentenentwurfs.
EuGH: Arbeitgeber ist der, der einem Arbeitnehmer gegenüber tatsächlich weisungsbefugt ist
17. Juli 2020 von Bertold Brücher
Vorlagefrage an den EuGH war:
Ist im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 883/2004 Arbeitgeber eines im internationalen Güterkraftverkehr tätigen Lkw-Fahrers
- das Transportunternehmen ist, das diesen Fahrer eingestellt hat, dem er tatsächlich uneingeschränkt zur Verfügung steht, das ihm gegenüber tatsächlich weisungsbefugt ist und das in Wirklichkeit die entsprechenden Lohnkosten zu tragen hat (=tAG),
- oder das Unternehmen, mit dem dieser Fahrer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat und das ihm seinen Lohn aufgrund einer mit dem Transportunternehmen getroffenen Vereinbarung zahlt (=fAG).
In seinem Urteil (C-610/18 vom 16.07.2020) legt der Gerichtshof die genannten Normen dahingehend aus, dass Arbeitgeber eines im internationalen Güterkraftverkehr tätigen Lkw-Fahrers
- das Unternehmen (tAG) ist, das diesem Fahrer gegenüber tatsächlich weisungsbefugt ist, das in Wirklichkeit die entsprechenden Lohnkosten (zB über Provisionen, die tAG an den fAG zahlt) trägt und das tatsächlich befugt ist, ihn zu entlassen, und
- nicht das Unternehmen (fAG), mit dem der Fahrer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat und das in diesem Vertrag formal als Arbeitgeber des Fahrers angegeben ist.
Ist eine Kürzung des Urlaubsanspruchs rechtens, wenn Mitarbeiter wegen Corona in Kurzarbeit sind?
15. Juli 2020 von Bertold Brücher
Verschiedene Arbeitgeber vertreten die Position: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund der Corona-Krise in Kurzarbeit sind, kann der Anspruch auf Erholungsurlaub gekürzt werden. Im Klartext: Weniger Urlaubstage wegen Kurzarbeit. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften widersprechen. Die wichtigsten Informationen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind hier zu finden.
Neue Regeln zur stufenweisen Wiedereingliederung
1. Juli 2020 von Franz-Josef Düwell
Der Aufforderung des Gesetzgebers nach früher Prüfung, ob eine Wiedereingliederung nach dem „Hamburger Modell“ erforderlich ist, ist nachgekommen worden: Neue Regeln sollen dem Instrument der stufenweisen Wiedereingliederung zu mehr Wirksamkeit verhelfen. Lesen Sie den gesamten Text hier.