von Bertold Brücher | Januar 2021
Mit einem Gesetz zur mobilen Arbeit (Mobile Arbeit-Gesetz) will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil unter anderem Versicherungslücken beim Unfallversicherungsschutz schließen. Was ist geplant?
Von einem vergleichsweise hohem Medieninteresse begleitet, hatte der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil Anfang Oktober 2020 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur mobilen Arbeit vorgestellt (siehe auch hier). Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses – und auch der Kritik – stand dabei sein Vorschlag, einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr schaffen zu wollen, sofern die jeweilige Tätigkeit dies erlaubt.
Kaum beachtet wurde, dass mit dem Gesetzentwurf auch Versicherungslücken beim Unfallversicherungsschutz im Homeoffice (siehe dazu hier) geschlossen werden sollten. Es sollten auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, soweit sie von zu Hause aus oder an einem anderen Ort außerhalb der Unternehmensstätte arbeiten, im gleichen Umfang Versicherungsschutz wie bei einer Tätigkeit in der Unternehmensstätte genießen. Darüber hinaus sollte auch das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von Kinderbetreuungseinrichtungen vom Unfallversicherungsschutz des SGB VII erfasst sein, wenn die Arbeitstätigkeit im gemeinsamen Haushalt von den Versicherten und Kindern ausgeübt wird.
Nach massiver Kritik an der geplanten Regelung zum Rechtsanspruch auf mobile Arbeit bzw. Homeoffice – insbesondere von der CDU, aus dem Unternehmerlager und dem Kanzleramt – wurde der Referentenentwurf vom Oktober aber wieder eingezogen. Innerhalb der Regierungskoalition zwischen CDU/CSU und SPD gab es keinerlei Einigkeit über solch einen Rechtsanspruch. Doch bleiben damit nun auch die notwendigen Verbesserungen beim Unfallversicherungsschutz im Homeoffice auf der Strecke?
Zweiter Anlauf
Knapp zwei Monate später – Ende November 2020 – gab es einen neuen Referentenentwurf eines Mobile Arbeit-Gesetzes, eher wenig von der Öffentlichkeit bemerkt. Der Entwurf selbst war lange nicht auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu finden, er kursierte nur in Fachkreisen, die dazu im Rahmen der Verbändeanhörung Stellung nehmen konnten. Die Stellungnahme des DGB findet sich hier.
In der Bundestagsdebatte zum Bundeshaushalt 2021 am 11. Dezember 2020 ging Arbeitsminister Hubertus Heil in seiner Rede auch auf das mobile Arbeiten ein, nicht erläuternd, dass es einen überarbeiteten Referentenentwurf gibt, sondern dahingehend, dass an einem Rechtsrahmen gearbeitet werde. Wörtlich sagte er: „Es geht aber auch um das mobile Arbeiten. Wir arbeiten an einem Rechtsrahmen, der mithilft, dieser neuen Realität für viele Beschäftigten Rechnung zu tragen, indem wir da, wo es möglich ist, den Beschäftigten rechtlich den Rücken stärken, auch einmal ein, zwei Tage Homeoffice machen zu können, aber auch dafür sorgen, dass Homeoffice nicht zur Entgrenzung von Arbeit und Privatleben führt. Auch im Homeoffice, meine Damen und Herren, muss einmal Feierabend sein. Das ist Teil des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten.“
Das Recht auf 24 Tage Homeoffice findet sich jetzt nicht mehr im neuen Referentenentwurf, dessen aktualisierte Fassung (Stand: 14. Januar 2021) nun auch auf der Homepage des BMAS zu finden ist. Stattdessen soll künftig geregelt werden, dass Arbeitgeber mit Beschäftigten, die mobil bzw. im Homeoffice arbeiten wollen, die Möglichkeit dazu erörtern müssen – mit dem Ziel, möglichst eine Vereinbarung dazu zu treffen. Für den Fall, dass der Arbeitgeber dies ablehnt, soll er dies begründen müssen. Spätestens vier Monate nach einer Ablehnung können Arbeitnehmer einen neuen Antrag stellen.
Die im Vorentwurf vom Oktober 2020 enthaltenen Regelungen zum Unfallversicherungsschutz bei mobilem Arbeiten und die Gleichsetzung mit dem Arbeiten im Betrieb oder der Dienststelle sind – annähernd wortidentisch – erhalten geblieben. Danach soll in § 8 Abs. 1 SGB VII folgender Satz eingefügt werden:
„Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.“
Auch ein Unfall von Beschäftigten im Homeoffice auf dem Weg von der Wohnung zur Kita oder zurück soll genauso unter dem Unfallversicherungsschutz stehen wie ein Weg von der Wohnung zur Kita und dann zum Betrieb (oder zurück). Denn in § 8 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII soll angefügt werden, dass der Versicherungsschutz auch besteht beim „Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten […] fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird“.
Wird ein Gesetz über mobiles Arbeiten verabschiedet, welches die in beiden Entwürfen formulierten Regelungen zu § 8 SGB VII beinhaltet, dann wäre der Weg zurückgelegt, den das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung zu gehen aufgefordert hat: Nämlich den, dass eine Erweiterung des Versicherungsschutzes im Homeoffice dem sozialpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers obliegt.