Antworten aus der Politik zu den Schreiben des Netzwerkes vom Februar 2021

von Bertold Brücher und Hans Nakielski | 5. März 2021

Anfang Februar 2021 hatte das Netzwerk Sozialrecht seine Forderung nach einer Stärkung des Sozialrechts bei der Ausbildung von Juristinnen und Juristen erneuert und konkretisiert (siehe hier). Bis Anfang März 2021 sind darauf mehrere Antworten von Bundes- und Landespolitiker*innen beim Netzwerk eingegangen. Hier die Zusammenfassung einiger Rückmeldungen:

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz stimmt zu, dass ein starker Sozialstaat auch gut qualifizierte Juristinnen und Juristen benötige, deren Stärke das Sozialrecht ist. Deshalb werde das Sozialrecht im universitären Schwerpunktbereichsstudium gelehrt, soweit die Universitäten das anbieten. Darüber hinaus bestehe in einigen Bundesländern die Möglichkeit, dieses Rechtsgebiet als Wahlfach in der zweiten juristischen Staatsprüfung zu wählen. Über diese Profilbildung hinaus sei jedoch eine Aufnahme des Sozialrechts in den Pflichtstoffkatalog nicht vorgesehen.

Für die Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag liefert die Stellungnahme des Netzwerks Sozialrecht wichtige Hinweise im Rahmen der parlamentarischen Befassung mit dem Entwurf zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften. Denn dieser beinhalte auch Änderungen in der Jurist*innenausbildung beinhaltet, die auch fraktionsintern zu diskutieren seien.

Die Sprecherin für Justizpolitik der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag findet, dass auf Sozialrecht spezialisierte Anwält*innen und Richter*innen dringend gebraucht würden. Ihre Fraktion würde sich für die Überarbeitung landesrechtlicher Bestimmungen zur Jurist*innenausbildung mit Blick auf die Stärkung des Sozialrechts als Ausbildungsschwerpunkt einsetzen.

Die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Thüringer Landtag findet, dass es gut nachvollziehbar sei, dass dem Netzwerk der bisherige Umfang des Sozialrechts in der Jurist*innenausbildungsordnung noch nicht ausreiche. Dies sei im Landesjustizministerium bekannt. Man sei bemüht, einen gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen Rechtsgebieten zu erzielen, ohne dabei die Stoffmenge für die Studierenden, die am Ende ihres Studiums eine Gesamtprüfung schreiben müssen, ausufern zu lassen.

Der Fraktionsjurist der Fraktion der SPD im Thüringer Landtag meint, dass eine Debatte zum Thema in Thüringen nötig sei – nicht nur wegen der Diskussion zur Juristenausbildung auf Bundesebene. Dies sollte zum Anlass genommen werden, um über weitere Inhalte und möglicherweise die konkrete Ausgestaltung der Lehre (Studium und Referendariat) nachzudenken.

Der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag weist darauf hin, dass in der einzigen rechtswissenschaftlichen Fakultät in Thüringen der Bedeutung des Arbeits- und Sozialrechts durch den Schwerpunktbereich „deutsches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht“ Rechnung getragen werde, mit Vorlesungen zur Einführung in die allgemeinen Lehren des Sozialrechts sowie weiterführend zum System des Sozialrechts und den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung – und dieser Schwerpunkt zu den beliebtesten gehöre. Grundsätzlich solle die juristische Ausbildung nicht überfrachtet werden; dies gelte aber nicht für den unstrittig essentiellen Bereich des Arbeits- und Sozialrechts, sondern für jedwede weitere Änderung.

Bertold Brücher

ist Referatsleiter Sozialrecht beim DGB-Bundesvorstand.

Hans Nakielski

ist Dipl.-Volkswirt und Fachjournalist für Arbeit und Soziales in Köln.