Wichtige Begriffe und Regelungen zur digitalen Gesundheit

von Hans Nakielski | April 2022

„DiGA“, „eGK“, „ePA“ oder eAU. Um was geht es bei diesen und anderen Kürzeln? Hier folgen kurze Erklärungen zu den wichtigen Begriffen und Regelungen zur digitalen Gesundheit.

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA):
Dies sind Apps bzw. Online-Anwendungen, die z. B. das Selbstmanagement bei chronischen Krankheiten unterstützen, physiotherapeutische Übungen anleiten, Therapien bei psychischen Erkrankungen anbieten, zu einer besseren Koordination bei Behandlungsabläufen beitragen oder die Gesundheitskompetenz stärken. Mit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgungs-Gesetzes am 19. Dezember 2019 wurde ein Leistungsanspruch der Versicherten auf Versorgung mit DiGA geschaffen. Voraussetzung für eine Verordnung ist die Aufnahme der DiGA in ein vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geführtes Verzeichnis verordnungsfähiger DiGA. Nach dem ersten Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Inanspruchnahme von DiGA sind vom 1. September 2020 bis zum 30. September 2021 rund 50.000 DiGA ärztlich verordnet oder von den Krankenkassen genehmigt worden, 80 Prozent davon seien von den Patient:innen anschließend auch aktiviert worden.

Im Berichtszeitraum waren 20 verschiedene DiGA zu Lasten der Kassen verordnungsfähig. Im Schnitt lagen die von den Anbietern im ersten Jahr frei festlegbaren Preise bei rund 400 Euro pro App im Quartal. Die meisten DiGA waren nur auf Erprobung gelistet, da sie noch keine positiven Versorgungseffekte nachweisen konnten. Ab 2023 sollen die Versicherten die Möglichkeit erhalten, Daten aus den DiGA sicher in ihre elektronische Patientenakte (ePA) einzustellen.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU):
Möglichkeit, die ärztliche Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit (AU) digital direkt an den Arbeitgeber und die Kasse schicken zu lassen. Dieses Verfahren sollte nach einer Erprobungsphase eigentlich schon fest verankert sein. Doch die verpflichtende Einführung wurde mehrfach verschoben. Seit Anfang dieses Jahres müssen zumindest alle Arztpraxen die AU-Bescheinigungen an die Krankenkassen elektronisch übermitteln. Die Arbeitnehmer:innen müssen aber weiterhin „den gelben Schein“ – spätestens ab dem vierten Tag ihrer AU – dem Arbeitgeber vorlegen. Der Termin für die verbindliche elektronische Übermittlung der AU-Daten von der Krankenkasse an die Arbeitgeber wurde mit dem „Gesetz zur Verlängerung von Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie beim Kurzarbeitergeld und anderer Leistungen“ auf den 1. Januar 2023 verschoben. Auch wenn das neue Verfahren tatsächlich Anfang 2023 starten sollte, werden aber zahlreiche Arbeitnehmer:innen davon nicht betroffen sein: Dies gilt für privat Krankenversicherte sowie für diejenigen, die Minijobs in Privathaushalten ausüben und für Patient:innen, deren AU durch Ärzt:innen festgestellt wurde, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Sie müssen auch künftig bei einer Erkrankung den „gelben Schein“ beim Arbeitgeber abgeben.

Elektronischer Arztbrief (eArztbrief):
Er enthält Befunde, Diagnosen, Therapieempfehlungen sowie Behandlungsberichte und soll dem Informationsaustausch über das Krankheitsgeschehen eines Versicherten zwischen den behandelnden Ärzten dienen. Elektronische Arztbriefe sollen die konventionelle Übermittlung der Arztbriefe ersetzen. Sie sollen über die Telematikinfrastuktur (TI) schnell und sicher ausgetauscht werden können. Bisher ist jedoch noch immer der Arztbrief in Papierform eine gängige Form, in der die Übermittlung erfolgt.

Elektronische Gesundheitskarte (eGK):
Die eGK ersetzte die vorhergehende Krankenversicherungskarte und erfüllt heute vor allem nur die Funktion eines Versicherungsnachweises. Sie berechtigt die GKV-Versicherten zur Inanspruchnahme (zahn-)ärztlicher Behandlungen. Zur Pflichtanwendung der eKG gehört das Management der Versichertenstammdaten (also der bei den Kassen gespeicherten Sozialdaten eines Versicherten gemäß §§ 284, 288 SGB V). Darüber hinaus sollen nach §§ 291, 291a SGB V für den Versicherten auch freiwillige Anwendungen – wie das Nutzen von Notfalldaten (NFD), elektronischem Medikationsplan (eMP) oder Daten zu Arzneimittelunverträglichkeiten, Allergien und chronischen Erkrankungen – möglich sein. Der Versicherte soll mithilfe seiner Persönlichen Identifikationsnummer (PIN) den Zugriff auf eventuelle Gesundheitsdaten auf seiner eGK erhalten (1. Schlüssel). Ärzt:innen und Apotheker:innen müssen sich beim Zugriff auf die eGK mit ihrem elektronischen Heilberufeausweis identifizieren (2. Schlüssel). Für den Zugriff auf Notfalldaten benötigen sie keine PIN. Die Erweiterung der eGK mit neuen Nutzungsmöglichkeiten sollte eigentlich schon 2006 erfolgen. Allerdings hat sich die Weiterentwicklung der eGK erheblich verzögert. Mittlerweile gilt das Chipkarten- und Zwei-Schlüssel-System als nicht mehr zeitgemäß und es wird die Nutzung einer elektronischen Patientenakte (ePA) – auch auf mobilen Endgeräten – avisiert.

Elektronischer Heilberufeausweis (HBA):
Mit dem elektronischen HBA können sich (Zahn-)Ärzte:innen und Apotheker:innen Zugriff auf medizinische Daten der eGK verschaffen. Sie sind verpflichtet, sich bei jedem Zugriff auf die eGK mit ihrem HBA – auch Health Professional Card (HPC) genannt – zu identifizieren. Auch andere Berufsgruppen, die elektronische Verordnungen einlösen können (Physiotherapeuten, Hebammen etc.) sollen entsprechende Berufsausweise erhalten.

Elektronischer Medikationsplan (eMP):
Er umfasst Patientenstammdaten (Name, Geburtsdatum etc.), medikationsrelevante Daten (Allergien, Unverträglichkeiten) und die derzeit und früher verordneten und rezeptfreien Medikamente des Patienten sowie Informationen zur Anwendung (Dosis, Häufigkeit, Zeitpunkt etc.). Die eGK und die ePA sollen die Möglichkeit bieten, den eMP zu speichern und zur Prüfung der Arzneimittelsicherheit zu unterstützen.

Elektronische Patientenakte (ePA):
Mit der ePA sollen alle wichtigen Gesundheitsdaten jederzeit an einem zentralen, sicheren, digitalen Ort gespeichert werden: zum Beispiel Daten über Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behandlungsberichte oder Impfungen für eine fall- und einrichtungsübergreifende Dokumentation über den Patienten (vgl. § 341 Abs. 2 SGB V). Die ePA ist eine versichertengeführte elektronische Akte, deren Nutzung für die Versicherten freiwillig ist. Schon im GKV-Modernisierungsgesetz, das im Januar 2004 in Kraft trat, wurden Regelungen zu elektronischen Patientenakten ins Gesetz aufgenommen (§ 291a Abs. 3 Nr. 4 und 5 a.F.). Es dauerte dann aber 17 Jahre, bis es zum regulären Start der ePA kam. Seit 2021 sind die Krankenkassen verpflichtet, ihren Versicherten eine ePA in mehreren Ausbaustufen zur Verfügung zu stellen. Zunächst konnten in der 1. Stufe nur Daten der Versicherten aus bereits vorhandenen Dokumentationen (z. B. elektronische Notfalldaten, Medikamentenpläne oder Arztbriefe) eingestellt werden.  In einer 2. Stufe können seit 2022 auch das elektronische Zahn-Bonusheft, das elektronische Untersuchungsheft für Kinder, der elektronische Mutterpass, die elektronische Impfdokumentation und bei den Kassen gespeicherte Daten über in Anspruch genommene Leistungen gespeichert werden. In der 3. Stufe sollen ab 2023 schließlich auch Daten aus digitalen Gesundheitsanwendungen des Versicherten, Daten zur pflegerischen Versorgung, Verordnungsdaten (E-Rezepte inkl. Arzneimittelhistorie), elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und sonstige von den Leistungserbringern bereitgestellte Daten dazukommen. In der dritten Ausbaustufe soll die ePA auch „forschungskompatibel“ werden. Auf freiwilliger Basis kann der Patient dann Daten aus seiner ePA der Forschung zur Verfügung stellen.

Zunächst hatten die Versicherten in der 1. Stufe nur die Möglichkeit, Zugriffberechtigungen „grobgranular“ zu erteilen. Demnach konnten sie die Berechtigung nicht auf einzelne Dokumente, sondern lediglich pauschal auf zwei Dokumentenbereiche – ärztliche Dokumente und von ihnen selbst eingestellte Dokumente – erteilen. Das führte zu einer erheblichen Kritik der Datenschutzbeauftragten (siehe auch hier). Seit 2022 wurde ein differenzierteres (mittelgranulares) Berechtigungskonzept eingeführt. Der Patient kann nun – zumindest mit Hilfe eines Smartphones oder Tablets – Dokumente einzeln (z. B. gegenüber bestimmten Fachärzten) zur Einsicht freigeben. Bis zum 30. März 2022 wurden nach Angaben der gematik 439.466 elektronische Patientenakten genutzt. Eine täglich aktualisierte Auflistung findet sich hier. Von den 73,3 Millionen GKV-Versicherten nutzten demnach Ende März gerade einmal 0,6 Prozent die ePA.

Elektronisches Rezept (E-Rezept):
Damit soll die Verordnung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln elektronisch erfolgen. Durch die bessere Qualität der Daten zu den Arzneien sollen Rückfragen bei Ärzten durch die Apotheker vermieden und schnellere Abrechnungen für die Leistungserbringer ermöglicht werden. Bis September 2020 sollten die Apotheken an die Telematik-Infrastuktur (TI) angeschlossen sein. Die im Dezember 2021 umgesetzte Pilotphase in der Testregion Berlin-Brandenburg verlief enttäuschend. Nur 42 E-Rezepte wurden über die TI verschickt. Zum Ziel gesetzt hatte man sich mindestens 1.000 elektronisch übermittelte Rezepte. In der Folge wurde die eigentlich für Anfang 2022 geplante verbindliche Einführung des E-Rezeptes vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben. Derzeit laufen weiterhin Pilotprojekte zum Test von E-Rezepten. Nach Angaben der gematik wurden so bis zum 30. März 2022 insgesamt 6.485 E-Rezepte eingelöst. Auch in Zukunft wird es aber wohl noch Papier-Rezepte (insbesondere bei Haus- und Heimbesuchen oder in Notfällen) geben.

Konnektor:
Gerät, das die Arztpraxis-IT in die Telematikinfrastruktur einbindet. Es koordiniert und verschlüsselt die Kommunikation und stellt das Bindeglied zwischen der Leistungserbringerseite und der TI dar. Der Konnektor ist vom Grundprinzip vergleichbar mit einem Router, allerdings soll er einen höheren Sicherheitslevel haben. Unbefugte Personen (in der Praxis) sollten keinen Zugang zum Konnektor bekommen. In der Vergangenheit gab es bei den Arztpraxen immer wieder Schwierigkeiten und Probleme mit den Konnektoren. So protokollierten z. B. die Konnektoren eines Herstellers unberechtigt Patientendaten (siehe hier).

Notfalldaten (NFD):
Notfallrelevante Informationen, die aus der medizinischen Vorgeschichte eines Patienten resultieren (z. B. Dauerdiagnosen, Dauermedikation). Sie sollen auf der eGK gespeichert werden können und sollten dem behandelnden Arzt sofort – also auch ohne Zustimmung mittels PIN – zugänglich sein. Die Verarbeitung und Nutzung der Daten muss dabei auch ohne Netzzugang zur TI funktionieren.

Telematikinfrastruktur (TI):
Die TI ist die Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur des deutschen Gesundheitswesens mit allen technischen und organisatorischen Anteilen. Sie vernetzt alle Akteure und Institutionen des Gesundheitswesens miteinander und ermöglicht dadurch einen organisationsübergreifenden Datenaustausch innerhalb des Gesundheitswesens. Die TI unterstützt die Anwendungen der Versicherten gemäß § 291a SGB V. Die TI bildet auch die Plattform für weitere interoperable und kompatible IT-Anwendungen im deutschen Gesundheitswesen.

 

Weitere Infos

Weitere Informationen zu Begriffen und Regelungen rund um die Telematikinfrastruktur
gibt es auf dieser Seite des Bundesgesundheitsministeriums.

 

Hans Nakielski

Fachjournalist für Arbeit und Soziales in Köln