zusammengestellt von Hans Nakielski | Stand 9. März 2021
Gesetzgebungsverfahren
BT-Drs. 19/23550 (Entwurf)
Der Bundesrat hat dazu am 9. Oktober 2020 Stellung genommen (BR-Drs. 485/20 – Beschluss) und mehrere Änderungen vorgeschlagen.
In ihrer Gegenäußerung (BT-Drs. 19/23550, Anlage 4, S. 130) lehnte die Bundesregierung die meisten Vorschläge ab.
Das Gesetz wurde am 19. November 2020 vom Bundestag mit zahlreichen Änderungen (BT-Drs. 19/24487 (neu) – Beschlussempfehlung) beschlossen.
Der Bundesrat billigte das Gesetz am 18. Dezember 2020.
Das Gesetz wurde am 17. Februar 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Es trat in seinen wesentlichen Teilen am 18. Februar 2021 in Kraft.
Stellungnahme des DGB zum Referentenentwurf
Einige wichtige Inhalte
Das Gesetz trifft vor allem Regelungen in folgenden vier Bereichen:
1. Digitale Rentenübersicht
Sie soll jedem eine Übersicht über den Stand seiner individuellen Ansprüche gegenüber der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge geben. Die Übersicht soll über ein Portal digital abrufbar sein. Grundlage dafür sind die Daten aus den regelmäßigen Informationen der Versorgungseinrichtungen. Übersichtlich sollen sowohl die bereits erreichten als auch die bis zum Renteneintritt erreichbaren Altersvorsorgeansprüche in einer Gesamtschau zusammengefasst werden.
Zur Umsetzung wird unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung Bund eine „Zentrale Stelle Digitale Rentenversicherung“ errichtet. Darin sollen Vertreter*innen der drei Säulen der Alterssicherung, des Verbraucherschutzes sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums der Finanzen in einem Steuerungsgremium in die Umsetzung eingebunden werden, um das Projekt voranzutreiben. 21 Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes – also im November 2022 – soll dann die erste Betriebsphase mit freiwillig teilnehmenden Versorgungseinrichtungen beginnen. Ein Jahr später soll dann der Regelbetrieb aufgenommen werden.
Geregelt wird dies im Gesetz zur Entwicklung und Einführung einer Digitalen Rentenübersicht (Rentenübersichtsgesetz), der als Artikel 1 im Gesetz Digitale Rentenübersicht enthalten ist.
2. Soziale Selbstverwaltung und Sozialversicherungswahlen
Hier sind insbesondere Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für die Ausübung des Ehrenamtes in der sozialen Selbstverwaltung bei den Sozialversicherungsträgern sowie Änderungen bei den Sozialwahlen vorgesehen. Geändert werden dadurch zahlreiche Bestimmungen im SGB IV:
- Freistellungsanspruch: In § 40 Abs. 2 SGB IV wird zur Rechtssicherheit ein ausdrücklicher Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die Ausübung des Ehrenamtes für Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane und Versichertenälteste und Vertrauenspersonen eingefügt. Bisher wurde dieser Anspruch lediglich aus dem Benachteiligungsverbot in § 40 Abs. 2 SGB IV abgeleitet.
- Urlaub zur Weiterbildung: Neu ist der Anspruch auf fünf Arbeitstage pro Kalenderjahr Urlaub für eine angemessene Fort- und Weiterbildung für Selbstverwalter*innen. Geregelt wird er im neuen Abs. 3 des § 40 SGB IV.
- Absenkung der Unterschriftenquorums: Künftig sind für die Kandidatur zu einer Sozialwahl von den vorschlagsberechtigten Organisationen weniger Unterstützer-Unterschriften einzureichen. So müssen etwa bei Versicherungsträgern mit mehr als 3 Mio. Versicherten künftig nach § 48 Abs. 2 SGB IV nur noch 1.000 Unterschriften eingeholt werden. Bisher waren es 2.000 Unterschriften zur Unterstützung.
- Zeitliche Beschränkung der Listenzusammenlegung: Eine Zusammenlegung mehrerer Vorschlagslisten ist künftig nur noch bis zum Ende der Listeneinreichungsfrist beim Wahlausschuss zugelassen.
- Transparenteres Listenaufstellungsverfahren: Die sich zur Wahl stellenden Vereinigungen müssen künftig der Vorschlagsliste eine Niederschrift beilegen, die dokumentiert, nach welchen Grundsätzen die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber erfolgte und wie ihre Reihenfolge auf der Vorschlagsliste festgelegt wurde.
- Geschlechterquote: Es wird eine geschlechterquotierte Aufstellung der Vorschlagslisten festgeschrieben. Frauen und Männer sollen künftig zu je mindestens 40 % auf den Listen zu den Wahlen der Selbstverwaltungsorgane berücksichtigt werden. In begründeten Ausnahmefällen kann allerdings bei den Renten- und Unfallversicherungsträgern von der Quote abgewichen werden. Die Gründe dafür müssen dann aber dargelegt und veröffentlicht werden.
- Öffentlichkeitsarbeit des Bundeswahlbeauftragten: Dieser soll während seiner gesamten sechsjährigen Amtszeit kontinuierlich über den Zweck der Sozialversicherungswahlen und die Arbeit der Selbstverwaltungsorgane informieren.
3. Beschaffung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation
Bei der Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation soll die Transparenz verbessert werden. Mit den neuen Regelungen im SGB VI wird der Rahmen vorgegeben, ob und wie Rehabilitationseinrichtungen medizinische Reha-Leistungen für die Rentenversicherung erbringen. Die Zulassungen und Inanspruchnahme von Reha-Einrichtungen, die Leistungen zur medizinischen Reha für Versicherte der Rentenversicherung erbringen, werden im Einklang mit dem europäischen Vergaberecht geregelt. Eine wesentliche Voraussetzung für die Zulassung ist, dass die Reha-Einrichtung das bis zum 31. Dezember 2025 von der Deutschen Rentenversicherung Bund zu entwickelnde Vergütungssystem akzeptiert. Die konkrete Inanspruchnahme der zugelassenen Reha-Einrichtung („Belegung“) wird durch die gesetzliche Festlegung objektiver Kriterien ausgestaltet. Das Wunsch- und Wahlrecht der versicherten Rehabilitanden wird gestärkt.
4. Erhöhung der Beitragszuschüsse für die Alterssicherung der Landwirte
Damit sollen Landwirte mit Klein- und Mittelbetrieben ab April 2021 bei ihrer Alterssicherung finanziell entlastet werden. Neu ist, dass die bisherigen Einkommensgrenzen für einen Anspruch auf einen Beitragszuschuss von aktuell 15.500 Euro bzw. 31.000 Euro für Verheiratete auf 60 % der Bezugsgröße in der Sozialversicherung erhöht und damit dynamisch ausgestaltet werden. 2021 liegt die Einkommensgrenze nun bei 23.680 Euro bzw. 47.360 Euro für Verheiratete.
Den höchsten Zuschuss von 60 % des Betrages werden künftig diejenigen erhalten, die ein Jahreseinkommen von nur 30 % der Bezugsgröße (2021: 11.844 Euro) erzielen. Bisher betrug diese Grenze 8.220 Euro.
Die Einkommensgrenze für den Beitragszuschuss war seit 1999 nicht mehr verändert worden.
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