Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

zusammengestellt von Hans Nakielski

Gesetzgebungsverfahren

Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/6500)
Der Gesetzentwurf wurde am 23. Juni 2023 mit zahlreichen Änderungen (s. BT-Drs. 20/7394 – Beschlussempfehlung) vom Bundestag beschlossen.
Der Bundesrat hat das Gesetz am 7. Juli 2023 gebilligt.

Es ist am 18. August 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden.

Es tritt in seinen überwiegenden Teilen am 1. März 2024 in Kraft.

Stellungnahme des DGB zum Referentenentwurf

 

Einige wichtige Inhalte

Das Gesetz verbessert einige Rahmenbedingungen, die bereits mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. April 2020 in Kraft trat, geschaffen wurden. Es soll Hürden für die Einwanderung von Fachkräften in Deutschland senken. Insbesondere erfolgen dazu zahlreiche Änderungen des Aufenthaltsgesetzes. Aber auch beim SGB II, SGB III, SGB IV und SGB XII gibt es Änderungen.

Die Fachkräfteeinwanderung baut künftig auf drei Säulen auf:

Fachkräftesäule:  Sie bildet das zentrale Element. Im Mittelpunkt steht der Fachkräftebegriff, der eine Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation verlangt. Zukünftig kann eine Fachkraft jede qualifizierte Beschäftigung ausüben. Das Gesetz senkt die bestehenden Gehaltsschwellen der Blauen Karte EU (Aufenthaltstitel für Hochschulabsolvent:innen, mit dem die Zuwanderung von Hochqualifizierten aus dem Nicht-EU-Ausland erleichtert wird) ab. Die neue Mindestgehaltsschwelle beträgt demnächst 50 % der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. In diesem Jahr läge die neue Mindestgehaltsschwelle damit bei 43.800 Euro. Außerdem werden die Bedingungen für Berufsanfänger:innen und die Regelungen zur Mobilität und zum Familiennachzug erleichtert. Die erforderliche Voraufenthaltsdauer für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis für Inhaber der Blauen Karte EU sowie für Fachkräfte und deren Familienangehörige werden herabgesetzt. Ausländische Studierende erhalten erweiterte Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten. Das Gesetz vereinfacht zudem den Wechsel zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und Erwerbszwecken.

Erfahrungssäule: Die Einreise und die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung ohne einen in Deutschland formal anerkannten Abschluss wird für alle Berufsgruppen unter gewissen Bedingungen geöffnet. Voraussetzung ist eine zweijährige einschlägige Berufserfahrung, ein Mindestgehalt sowie eine im Herkunftsland staatlich anerkannte zweijährige Ausbildung.

Potenzialsäule: Als neuen Aufenthaltstitel führt das Gesetz die sogenannte Chancenkarte ein. Sie basiert auf einem Punktesystem zur Arbeitsplatzsuche. Dafür müssen Arbeitskräfte zunächst eine Vorqualifikation nachweisen und über deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A 2 oder englische Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 2 verfügen. Das Potenzial für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration wird anhand festgelegter Kriterien wie Qualifikation, deutsche Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug ermittelt.

In seinem sozialrechtlichen Teil bestimmt das Gesetz:

SGB II und XII: Ausländer mit einer Chancenkarte befinden sich lediglich zur Arbeitsplatzsuche im Bundesgebiet und werden daher von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ausgeschlossen.   

SGB III:  Bei einer grenzüberschreitenden Vermittlung hat der Vermittler die Arbeitsuchenden vor Abschluss des Arbeitsvertrages in schriftlicher Form und auf seine Kosten in einer Sprache, die die oder der Arbeitsuchende versteht, über auf sie ausgerichtete Beratungsangebote zu informieren. Das betrifft insbesondere den Hinweis auf die Beratungsstellen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und parallele, zielgruppenspezifisch ausgestaltete bundesweite Angebote. Außerdem  wird das zunächst bis zum 31. Dezember 2023 befristete Modellvorhaben der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung bis zum 31. Dezember 2026 durch die Bundesagentur für Arbeit fortgeführt.

SGB IV: Es wird ausgeschlossen, dass Kontigentbeschäftigte (ausländische  Arbeitnehmer:innen, die im Rahmen fest vereinbarter Beschäftigungskontingente zur Ausführung von Werkverträgen zwischen ihrem Arbeitgeber und einem deutschen Unternehmen für eine begrenzte Zeit in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt werden) als kurzfristig geringfügige Beschäftigte in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei sein können. Damit wird gewährleistet, dass alle Kontingentbeschäftigten gleichermaßen in die Sozialversicherung einbezogen werden.

SGB V: Mit einer Neuregelung in § 9 Abs. 1 Nr. 6 SGB V wird ein freiwilliges Beitragsrecht für ausländische Forschende in der gesetzlichen Krankenversicherung eröffnet. Das Beitrittsrecht eröffnet Wissenschaftler:innen aus Drittstaaten eine Mitgliedschaft in der GKV, auch wenn keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland aufgenommen wird. Der Beitritt muss innerhalb von drei Monaten nach Beginn des Aufenthalts in Deutschland erklärt werden.

 

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Hans Nakielski

ist Dipl.-Volkswirt und Fachjournalist für Arbeit und Soziales in Köln