Gesetz zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz)

zusammengestellt von Hans Nakielski

 

Gesetzgebungsverfahren

Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/3876)

Das Gesetz wurde am 2. Dezember 2022 mit zahlreichen Änderungen (BT-Drs. 20/4708 (neu) – Beschlussempfehlung) vom Bundestag gebilligt.

Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 zugestimmt, aber gleichzeitig eine 15 Punkte umfassende Entschließung zu dem Gesetz gefasst (BR-Drs. 630/22 – Beschluss)

Das Gesetz wurde am 28. Dezember 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.

Es trat in seinen überwiegenden Teilen am 29. Dezember 2022 in Kraft.

Stellungnahme der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zum Gesetzentwurf

 

Einige wichtige Inhalte

Das Gesetz enthält viele Neuregelungen, die vor allem Krankenhäuser betreffen.

Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus: Mit dem Gesetz soll die Situation der Pflege in den Kliniken mittelfristig verbessert werden. Hierzu werden Idealbesetzungen für die Stationen errechnet und durchgesetzt. Dazu wird durch den neugefassten § 137k SGB V ein Instrument zur Personalbemessung (Pflegepersonalbemessung/PPR  2.0) eingesetzt, das im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege von der Gewerkschaft ver.di, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat entwickelt wurde. Die Einführung der PPR 2.0 erfolgt in drei Stufen:

Der Bundesfinanzminister hat ein (finanzielles) Mitspracherecht bei der Personalbemessung in der Krankenhauspflege. Denn in § 137k Abs. 4 SGB V heißt es: „Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen, erstmals bis zum 30. November 2023, Vorgaben zur Ermittlung der Anzahl der eingesetzten und der auf der Grundlage des Pflegebedarfs einzusetzenden Pflegekräfte“ erlassen.

Krankenhaustagesbehandlung: Da nicht nach jeder stationären Behandlung unbedingt eine Übernachtung in der Klinik notwendig ist, wird für Patient:nnen, die dies wollen, eine Krankenhaustagesbehandlung eingeführt. Sie können dann also zu Hause übernachten. Dies soll vor allem auch das Krankenhauspersonal stärker entlasten. Die Entscheidung hierüber treffen Ärzt:innen und Patient:innen im gegenseitigen Einvernehmen. Um die Entlastungs-Ziele zu erreichen, sollen die Dokumentationsanforderungen bei der tagesstationären Behandlung auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.

Spezielle sektorengleiche Vergütung: Ob eine Behandlung stationär oder ambulant erfolgt, war in der Vergangenheit häufig eine Kostenfrage. Die unterschiedliche Vergütung von stationär erbrachten Leistungen (Fallpauschalen / DRGs) und ambulanter Behandlung (nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab/EBM) führte dazu, dass Behandlungen stationär erfolgten, die auch ohne eine Unterbringung im Krankenhaus möglich waren. Um für Patient:innen nicht notwendige Übernachtungen im Krankenhaus zu vermeiden, wird für bestimmte Behandlungen eine sektorengleiche Vergütung eingeführt. Diese Vergütung liegt zwischen dem ambulanten (EBM) und stationären Niveau (DRG). Bis zum 31. März 2023 sollen Krankenkassen und Krankenhäuser gemeinsam einen Katalog für ambulant durchführbare Operationen sowie eine entsprechende Vergütung festlegen. Klappt das nicht, kann der Bundesgesundheitsminister per Rechtsverordnung die Einzelheiten bestimmen.

Förderung für Geburtshilfe: Um Geburtshilfeabteilungen in Krankenhäusern zu unterstützen, erhalten die Bundesländer zusätzliche finanzielle Mittel nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Bei der Festlegung der konkreten Höhe je Krankenhausstandort sind die Vorhaltung einer Fachabteilung für Pädiatrie, einer Fachabteilung für Neonatologie, ein bestimmter Anteil vaginaler Geburten, die Geburtenzahl sowie die Möglichkeit der Durchführung des berufspraktischen Teils des Hebammenstudiums zu berücksichtigen. Damit soll eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfestandorten aufrechterhalten werden. Hierfür stehen für die Jahre 2023 und 2024 jeweils 120 Mio. Euro zur Verfügung.

Förderung für Pädiatrie: Für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen wird das vor der Pandemie im Jahr 2019 erbrachte Erlösvolumen weitgehend unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen garantiert. Zur Vermeidung von Fehlanreizen muss aber ein Krankenhaus Abschläge hinnehmen, wenn es für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen weniger als 80 Prozent des Erlösvolumens von 2019 erzielt. Das Erlösvolumen von 2019 wird zudem bis in die Gegenwart fortgeschrieben und jeweils für das Jahr 2023 und 2024 zusätzlich um 300 Mio. Euro aufgestockt. Euro. Besondere Einrichtungen können für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen einen Zuschlag abrechnen.

Zur Finanzierung der zusätzlichen Mittel für die Geburtshilfe und die Pädiatrie werden für die Jahre 2023 und 2024 jeweils rund 380 Mio. Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds entnommen. Darüber hinaus muss sich u.a. auch die Private Krankenversicherung an der Finanzierung beteiligen.

Personalkosten für Hebammen besser refinanziert: Ab dem Jahr 2025 werden die Personalkosten von Hebammen vollständig im Pflegebudget der Krankenhäuser berücksichtigt. Damit werden die anfallenden Personalkosten von Hebammen für die Betreuung von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen vollständig refinanziert und die Beschäftigung von Hebammen in den Kreißsälen einer unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen gleichgestellt.

Weitere Regelungen für den Krankenhausbereich:

Weitere Regelungen für den Gesundheitsbereich:

Änderungen im Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI):

Liquiditätsstütze:  Zur Stabilisierung ihrer Finanzen muss die Pflegeversicherung 2023 nicht vierteljährlich, sondern erst komplett zum Jahresende in einer Rate die vereinbarten Mittel in den Pflegevorsorgefonds abführen. Dies sind 0,1 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der sozialen Pflegeversicherung des Vorjahres. Die Liquidität der Pflegeversicherung wird so kurzfristig um etwa 1,6 Mrd. Euro gestützt. Geregelt ist das im ergänzten Absatz 3 von § 135 SGB XI. Außerdem kann der Bund auch im Jahr 2023 Mittel zur Erstattung pandemiebedingter Kosten zuschießen, wenn der „Mittelbestand der sozialen Pflegeversicherung aufgrund pandemiebedingter Mehrausgaben absehbar das gesetzliche Betriebsmittel- und Rücklagesoll der Pflegekassen zu unterschreiten droht“. Das regelt der geänderte § 153 SGB XI.

TI-Pauschale für Pflegeeinrichtungen:  Pflegeeinrichtungen, die in die Telematikinfrastruktur eingebunden werden, erhalten zum Ausgleich der erforderlichen Ausstattungs- und Betriebskosten eine monatliche Pauschale (TI-Pauschale) aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung. Die Kosten dafür tragen die Kranken- und Pflegekassen, auch die privaten Versicherungsunternehmen, die private Pflege-Pflichtversicherungen betreiben, müssen sich beteiligen (§ 106b SGB XI).

 

<< zurück zur Übersicht

Hans Nakielski

ist Dipl.-Volkswirt und Fachjournalist für Arbeit und Soziales in Köln