Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung

zusammengestellt von Hans Nakielski

Gesetzgebungsverfahren

Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/1408)

Der Gesetzentwurf wurde in unveränderter Fassung (siehe BT-Drs. 20/1916 – Beschlussempfehlung) am 3. Juni 2022 vom Bundestag beschlossen.

Der Bundesrat billigte das Gesetz am 10. Juni 2022.

Es wurde am 30. Juni 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.  Das Gesetz tritt in seinen wesentlichen Teilen am 1. Oktober 2022 in Kraft. Einige Teile traten bereits am 1. Juli in Kraft.

Stellungnahme des DGB zum Gesetzentwurf


Einige wichtige Inhalte

Das Gesetz regelt insbesondere die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro ab dem 1. Oktober 2022, die Anhebung der Mini- und Midijob-Grenze und es bringt Entlastungen für Midijobber:innen.

Höherer Mindestlohn: Der gesetzliche Mindestlohn (seit Juli 2022: 10.45 Euro) wird ab dem 1. Oktober 2022 einmalig per Gesetz auf 12 Euro je Zeitstunde angehoben. Zukünftige Anpassungen sollen dann wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erfolgen.

Mindestsicherung beim Arbeitslosengeld: Wenn innerhalb des maßgeblichen Bemessungsrahmens kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden kann, wird das Arbeitslosengeld fiktiv bemessen. Das regelt § 152 SGB III. Eine Neureglung dieses Paragrafen bestimmt nun: Es muss bei der Bemessung mindestens ein Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden, das sich unter Berücksichtigung des jeweils geltenden Mindestlohns ergibt.

Anhebung und Dynamisierung der Mini-Job-Grenze: Die Grenze für die (versicherungsfreien) geringfügigen Beschäftigungen (Minijobs), die derzeit bei 450 Euro im Monat liegt, wird ab Oktober 2022 angehoben. Die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze erfolgt nach § 8 SGB IV künftig dynamisch. Sie wird sich an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden mit Mindestlohn orientieren. „Indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird“, ergibt sich nach dem neuen Abs. 1 a in § 8 SGB IV die jeweilige Grenze für die Minijobs. Ab dem Oktober 2022 liegt diese Grenze damit bei (12 Euro x 130 : 3 =) 520 Euro. Sie passt sich künftig gleitend den neuen Mindestlöhnen an.

Übergangsregelung bis Ende 2023: Durch die neue Geringfügigkeitsgrenze würden bisher versicherungspflichtige Beschäftigungen ab Oktober 2022 als Minijobs versicherungsfrei, wenn das Entgelt zwischen 450,01 Euro und 520 Euro liegt. In diesen Fällen gilt die Versicherungspflicht bis längstens Ende 2023 fort. Die betroffenen Arbeitnehmer:innen haben jedoch die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.

Geringfügigkeitsgrenze darf zweimal überschritten werden : Die (neue) Geringfügigkeitsgrenze darf künftig nach dem neuen Abs. 1 b in § 8 SGB IV in bis zu zwei Monaten innerhalb eines Zeitjahres um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten werden. Bei einem Minijob, der am 1. Oktober begonnen hat, endet das Zeitjahr am 30. September des Folgejahres. In diesen zwölf Monaten darf eine Minijobberin also künftig insgesamt (14 x 520 Euro =) 7.280 Euro verdienen – und überschreitet damit nicht die Geringfügigkeitsgrenze.

Anhebung der Midi-Job-Grenze: Die Höchstverdienstgrenze für die so genannten Midi-Jobs im Übergangsbereich (zwischen Mini-Jobs und regulären Beschäftigungen), die derzeit bei 1.300 Euro im Monat liegt, wird zum 1. Oktober 2022 nach dem geänderten § 20 SGB IV auf 1.600 Euro erhöht. Beschäftigte müssen innerhalb dieses Übergangsbereiches weniger Sozialbeiträge als regulär zahlen.

Neuaufteilung des Gesamtbeitrags bei Midi-Jobs: Bislang tragen im Übergangsbereich in der gesetzlichen Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags auf Basis des tatsächlichen Lohns und die Arbeitnehmer tragen die übrigen Beiträge auf Basis eines reduzierten (fiktiven) Lohns. Im Übergangsbereich vom Mini- zum Midijob liegt der Beitragssatz für die Beschäftigten heute bei rund 10 % und für die Arbeitgeber bei rund 20 %. Künftig zahlen die Beschäftigten im neuen Übergangsbereich (ab 520,01 Euro) einen noch niedrigeren Sozialbeitrag. Er beginnt bei 0 Prozent am unteren Ende und steigt dann bis zum oberen Ende auf die Hälfte des Gesamtbeitrags. Die Arbeitgeber tragen den Rest des Gesamtbeitrags. Er beginnt (wie bei Mini-Jobs) bei ca. 28 % am unteren Ende der Midi-Job-Zone und schmilz dann gleitend auf den regulären hälftigen Sozialversicherungsbeitrag (derzeit ca. 20 %) ab. Die Arbeitgeber tragen damit künftig einen größeren, Beschäftigte einen kleineren Anteil des Gesamtbeitrags zur Sozialversicherung im Übergangsbereich als bisher. Mit der Neuregelung soll vermieden werden, das Beschäftigte – wie bisher – durch die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen weniger Nettoentgelt haben, wenn sie die Geringfügigkeitsgrenze minimal überschreiten und vom Mini- in einen Midi-Job wechseln.

 

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Hans Nakielski

ist Dipl.-Volkswirt und Fachjournalist für Arbeit und Soziales in Köln