zusammengestellt von Hans Nakielski
Gesetzgebungsverfahren
Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/9048)
Der Entwurf wurde am 14. Dezember 2023 mit zahlreichen Änderungen (s. BT-Drs. 20/9788 – Beschlussempfehlung) vom Bundestag beschlossen.
Der Bundesrat hat das Gesetz am 2. Februar 2024 gebilligt.
Es wurde am 25. März 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Das Gesetz trat in einigen Teilen am 26. März 2026 in Kraft. Weitere Teile treten am 1. und 15. Januar 2025 in Kraft.
Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes zum Gesetzentwurf
Einige wichtige Inhalte
Das Kernelement des Gesetzes ist die Bereitstellung der elektronischen Patientenakten (ePA) durch die Krankenkassen für alle gesetzlich Krankenversicherten ab 2025. Bereits seit Anfang 2021 können GKV-Versicherte zwar schon eine ePA beantragen und darauf zum Beispiel ärztliche Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behandlungsberichte oder Informationen zur aktuellen Medikation speichern. Doch das Verfahren ist recht umständlich und jede:r muss sich selbst darum kümmern. Die ePA benutzen daher bisher nur wenige Versicherte.
Ab Anfang 2025 soll die ePA von den Kassen für alle angeboten werden. Wer sie nicht nutzen möchte, muss widersprechen (Opt-Out-Verfahren). Im Einzelnen regelt das Digital-Gesetz zur elektronischen Patientenakte:
- Ab dem 15. Januar 2025 sind die Krankenkassen nach § 342 Abs. 1 SGB V verpflichtet, allen Versicherten, die nach vorheriger Information der Einrichtung einer ePA gegenüber der Kasse nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen widersprochen haben, eine zugelassene ePA zur Verfügung zu stellen.
- Bevor die Krankenkassen eine ePA zur Verfügung stellen, müssen sie ihren Versicherten umfassendes Informationsmaterial dazu „in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache und barrierefrei zur Verfügung stellen“ (§ 343 Abs. 1a SGB V). Dabei müssen sie die Versicherten auch über das Recht informieren, der Bereitstellung der ePA zu widersprechen zu können. Ein Widerspruch ist auch noch nach der Bereitstellung der ePA möglich und führt dann zu deren Löschung.
- Versicherte können die Zugriffsfreigabe sowohl zeitlich als auch inhaltlich begrenzen. Patient:innen können so bestimmen, ob und welche Daten aus dem Behandlungskontext in der ePA gespeichert werden und auch, welche wieder gelöscht werden sollen.
- Die ePA kann zum Start mit der App der Krankenkassen über ein Smartphone oder Tablet von Patient:innen mit Dokumenten, Arztbriefen, Befunden etc. befüllt werden. Versicherte ohne eigenes Smartphone können ihre ePA in ausgewählten Apotheken einsehen. Außerdem sollen neu einzurichtende Ombudsstellen der Krankenkassen (nach § 342a SGB V) diejenigen Versicherten bei der Ausübung ihrer Rechte unterstützen, die ihre ePA nicht über eine ePA-App verwalten.
- Ähnlich wie bei der Bankkarte müssen die Patient:innen die medizinischen Daten mittels ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und einer persönlichen Identifikationsnummer (PIN) freischalten. Ärzt:innen benötigen für den Zugriff einen zweiten Schlüssel, nämlich ihren Heilberufsausweis und ebenfalls eine PIN.
- Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die Krankenhäuser haben Daten der Versicherten, die als Anwendungsfälle in der elektronischen Patientenakte verarbeitet werden können, in die ePA zu übermitteln und dort zu speichern. Dies gilt, wenn diese Daten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bei der konkreten aktuellen Behandlung von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringern erhoben und verarbeitet werden und die Versicherten nicht widersprochen haben (§§ 347 Abs. 1 und 348 Abs. 1 SGB V).
- Versicherte haben ab der Zurverfügungstellung der ePA einen Anspruch darauf, dass die Krankenkassen auf ihren Antrag und mit ihrer Einwilligung in Papierform vorliegende medizinische Informationen digitalisieren und über den Anbieter der ePA in die elektronische Patientenakte übermitteln und speichern. Dieser Anspruch kann je Versicherten zweimal innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten geltend gemacht werden und ist jeweils auf zehn Dokumente begrenzt (§ 350a SGB V).
- Mit der ePA erhalten die Versicherten eine vollständige, weitestgehend automatisch erstellte, digitale Medikationsübersicht.In Verknüpfung mit dem weiterentwickelten E-Rezept sollen so ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln besser vermieden und Ärzt:innen im Behandlungsprozess unterstützt werden.
Weitere Regelungen des Digital-Gesetzes:
- Das E-Rezept wird weiterentwickelt, als verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung etabliert und ein weiterer Zugangsweg per ePA-App eröffnet.
- Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden besser in die Versorgungsprozesse integriert und ihr Einsatz transparent gemacht. Mit der Ausweitung der DiGA auf digitale Medizinprodukte der Risikoklasse IIb werden sie auch für komplexere Behandlungsprozesse – z.B. für das Telemonitoring – genutzt werden können. Für die Versicherten wird der Zugang zu DiGAs vereinfacht: Die Aushändigung des benötigten Freischaltcodes muss in Zukunft in der Regel innerhalb von zwei Werktagen durch die Krankenkasse erfolgen.
- Damit die Telemedizinfester Bestandteil der Gesundheitsversorgung wird, werden die Mengenbegrenzungen für Vertragsärzt:innen aufgehoben. Sie können künftig nach Umsetzung durch die gemeinsame Selbstverwaltung Videosprechstunden noch flexibler einsetzen. Auch in Einrichtungen wie Hochschulambulanzen und Psychiatrischen Institutsambulanzen sowie psychotherapeutischen Sprechstunden und probatorischen Sitzungen werden telemedizinische Leistungen in Zukunft ermöglicht.
- Mit der assistierten Telemedizinwird außerdem ein niedrigschwelliger Zugang zur Versorgung geschaffen. Gesetzlich krankenversicherte Patient:innen sollen in Apotheken zu ambulanten telemedizinischen Leistungen beraten und bei der Inanspruchnahme angeleitet werden können. Außerdem können Patient:innen in den Apotheken bei der Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben während einer ärztlichen telemedizinischen Leistung unterstützt werden. Die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Einrichtungen wie Hochschulambulanzen oder Psychiatrische Institutsambulanzen sowie psychotherapeutische Sprechstunden wird ermöglicht.
- Ein Digitalbeiratbei der gematik, der unter anderem mit Vertreter:innen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), der Medizin und Ethik besetzt sein wird, soll künftig die gematik bei all ihren Festlegungen mit abgewogenen Empfehlungen zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, der Datennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten.