zusammengestellt von Hans Nakielski
Gesetzgebungsverfahren
Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 15. Mai 2020 umfangreichen Änderungsbedarf und insbesondere datenschutzrechtliche Bedenken gesehen (BR-Drs. 164/20 – Beschluss).
Die Gegenäußerung der Bundesregierung dazu erfolgte in BT-Drs. 19/19365.
Am 3. Juli 2020 vom Bundestag mit Änderungen beschlossen (BT-Drs. 9/20708 – Beschlussempfehlung).
Der Bundesrat hat das Gesetz am 18. September 2020 gebilligt.
Am 19. Oktober 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Das Gesetz trat am 20. Oktober 2020 in Kraft.
Stellungnahme des DGB zum Gesetzentwurf
Einige wichtige Inhalte
- Bereits nach geltendem Recht müssen die Krankenkassen den Versicherten ab 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) anbieten. Zunächst können dort – übergangsweise mit nur einem reduzierten Rechtemanagement ausgestattet – nur eingestellt werden: Gesundheitsdaten, die durch den Versicherten zur Verfügung gestellt werden (z.B. gescannte Arztbriefe oder Befunde) und medizinische Informationen über den Versicherten (wie elektronische Notfalldaten, Röntgenbilder oder Medikationspläne). Der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisiert, dass Versicherte im ersten Jahr der ePA nicht über einzelne Dokumente in der Akte verfügen können, sondern nur vor der Wahl stehen, Leistungserbringern entweder alle oder gar keine Informationen zur Verfügung zu stellen. Ein Zugriffsmanagement auf Dokumentenebene soll erst 2022 möglich sein.
- Ab 2022 sollen dort auch der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe U-Heft für Kinder und das Zahn-Bonusheft gespeichert werden können. Die Versicherten erhalten einen Anspruch darauf, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin Daten in die ePA einträgt.
- Für die Verwaltung und Erstbefüllung der Akte erhalten die Ärzte ein Honorar. Leistungserbringer, Einrichtungen und Krankenhäuser bekommen ab dem 1. Januar 2021 über einen Zeitraum von zwölf Monaten für die Erstbefüllung einen einmaligen Vergütungszuschlag von zehn Euro je Versicherten. Für die Unterstützung der Versicherten bei der weiteren Verwaltung ihrer ePA erhalten Ärzte, Zahnärzte und Apotheker ebenfalls eine Vergütung. Deren Höhe wird von der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen festgelegt.
- Die Nutzung der ePA ist freiwillig. Der Versicherte soll entscheiden, welche Daten in der elektronischen Akte gespeichert oder wieder gelöscht werden. Er entscheidet auch in jedem Einzelfall, wer auf die ePA zugreifen darf. Ab 2022 sollen Versicherte auch die Möglichkeit haben, über ihr Smartphone oder Tablet für jedes gespeicherte Dokument festzulegen, wer darauf Zugriff hat. So kann er ab 2022 zum Beispiel festlegen, dass zwar der Allgemeinarzt den Befund eines Orthopäden einsehen darf, nicht aber den Befund eines Psychotherapeuten.
- Ab 2023 haben Versicherte die Möglichkeit, die in der ePA abgelegten Daten freiwillig und datenschutzkonform der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen (sog. Datenspende). Versicherte können ihre Datenspende jederzeit mit Wirkung für die Zukunft wieder zurücknehmen.
- Versicherte können ab 2022 bei einem Krankenkassenwechsel ihre Daten aus der ePA übertragen lassen.
- Jede Krankenkasse muss eine Ombudsstelle einrichten, an die sich Versicherte mit Anliegen zur elektronischen Patientenakte wenden können. Diese Stellen sollen die Versicherten auch zu allen Fragen und Problemen bei der Nutzung der ePA beraten.
- Auch Versicherte ohne mobile Endgeräte sollen die Möglichkeit bekommen, die ePA zu nutzen – etwa in den Geschäftsstellen der Krankenkassen.
- Das Gesetz regelt auch die technischen Rahmenbedingungen für die Nutzung des elektronischen Rezepts (E-Rezept). Für das E-Rezept soll es im Laufe des Jahres 2021 eine App geben, mit der sich dieses direkt auf dem Smartphone anzeigen lässt. Der Patient kann es dann in einer Apotheke seiner Wahl einlösen. Die App wird Teil der Telematikinfrastruktur (TI) und soll auch Schnittstellen für andere Apps anbieten. Alternativ kann der Versicherte einen 2D-Barcode auf Papier vorzeigen. Das Rezept wird auch in diesem Fall digital an die Apotheke übermittelt.
- Auch Überweisungen zu Fachärzten sollen künftig auf diesem elektronischen Weg übermittelt werden können.
- Jeder Nutzer der TI – ob Ärzte, Krankenhäuser oder Apotheken – ist für den Schutz der von ihm in der Telematikinfrastruktur verarbeiteten Patientendaten verantwortlich.
- Betreiber von Diensten und Komponenten innerhalb der TI müssen Störungen und Sicherheitsmängel unverzüglich an die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik) melden. Tun sie das nicht ordnungsgemäß, droht ihnen ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro.
- Im Falle polizeilicher Ermittlungen muss kein Arzt die elektronischen Daten seiner betroffenen Patientinnen oder Patienten herausgeben. Dieser sog. Beschlagnahmeschutz gilt auch bereits für Patientenakten auf Papier.
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