Fortschritt mit Hürden: Der universitär-integrierte Jura-Bachelor

Von Markus Ogorek | 23. Januar 2023

Die Einführung eines in das Jurastudium integrierten Bachelor of Laws (LL.B.) hat im vergangenen Jahr zu einer mitunter sehr emotionalen Debatte geführt. Inzwischen steht das „Ob“ der Studienreform nicht mehr in Frage, die politischen Weichen sind spätestens seit der Justizministerkonferenz vom 10. November 2022 gestellt. Dennoch birgt die Einführung des LL.B. einige Fallstricke, die nicht aus dem Blick geraten sollten.

1.   Öffentliche Debatte um den Jura-Bachelor

Ein enormes Echo in juristischen Fachkreisen löste im Sommer 2022 die Saarbrücker Rechtslehrerin Prof. Tiziana Chiusi mit einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) aus (siehe hier).

Unter der Überschrift „Der Bachelor ist ein Loser-Abschluss“ erklärte Chiusi den universitär-integrierten LL.B. mehr oder weniger pauschal für überflüssig, es fiel sogar das böse Wort „Jodel-Diplom“. Diese Kritik an den zuvor eher lose diskutierten Reformabsichten wurde ihrerseits scharf kritisiert – in Jurablogs und sozialen Medien ebenso wie auf den Fluren von Anwaltskanzleien und Gerichten. Nicht nur in der F.A.Z. wurden Gegenplädoyers veröffentlicht (siehe hier und hier), auch in der Süddeutschen Zeitung (siehe hier), im Verfassungsblog (siehe hier) oder auf Legal Tribune Online (siehe hier) fanden sich Appelle zugunsten des Reformprojekts.

Gegen den integrierten rechtswissenschaftlichen Bachelor war im Wesentlichen dreierlei vorgebracht worden:

1.1 Keine Entwertung der Staatsexamina

Wer eine Entwertung der deutschen Staatsexamina durch den Bachelor of Laws prophezeit, fürchtet vermutlich, dass die Berufsvoraussetzungen für Richter:innen, Staats- und Rechtsanwält:innen nach Einführung des universitär-integrierten Jura-Bachelors sukzessive abgesenkt werden könnten. Denn in anderen, zwar nicht klassisch juristischen, aber „jura-nahen“ Berufsfeldern sind bereits heute zahlreiche LL.B.-Absolvent:innen beschäftigt (dazu 1.2.). Sie werden allerdings bislang (fast) ausschließlich durch die Fachhochschulen ausgebildet, und ein nicht unerheblicher Andrang auf derartige Studiengänge beweist die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Bachelors of Laws. Auch vor diesem Hintergrund wirken Dystopien wenig nachvollziehbar, wonach die bisherigen Zugangsvoraussetzungen für die „klassischen“ juristischen Tätigkeiten aufgehoben werden sollten.

Anliegen der Einführung des universitär-integrierten LL.B. ist es nicht, den „Volljuristen“ vorbehaltene Berufe für Bachelor-Absolvent:innen zu öffnen – vielmehr geht es darum, einen Abschluss auch für jene Jurastudent:innen vorzusehen, die im Vergleich zu ihren Kommiliton:innen in den Fachhochschul-Bachelorprogrammen vergleichbare, wenn nicht sogar höhere Leistungen erbracht und die juristische Ausbildung sodann vor Bestehen der Staatsprüfung(en) aus welchen Gründen auch immer abgebrochen haben. Sowohl den Studierenden selbst als auch ihren Ausbilder:innen sollte allerdings klar sein: Die im LL.B. vermittelten Inhalte reichen unter keinen Umständen aus, in klassischen juristischen Berufsfeldern Fuß zu fassen.

1.2 Berufsperspektiven für Bachelor-Absolvent:innen

Auch wenn eine Tätigkeit als Richter:in, Staats- oder Rechtsanwältin oder -anwalt  (sowie zumeist auch im höheren Dienst) ausscheidet: Die beruflichen Perspektiven von Bachelor-Absolvent:innen dürften vielfältig sein. Jurist:innen sind gefragt, auch ohne Examina – etwa in den Rechts-, Compliance- oder Personalabteilungen von Unternehmen, Banken, Versicherungen oder Verbänden. Auch im gehobenen Dienst der öffentlichen Verwaltung werden sie eingestellt und nehmen dort Fach- und Führungsaufgaben in den Bereichen Verwaltungsorganisation, Finanzwesen, Sicherheit und Ordnung sowie Soziales wahr. An der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen studieren die Stadtinspektoranwärter:innen der Kommunen etwa in einem eigens auf ihren Beruf ausgelegten LL.B.-Programm.

1.3 Förderung leistungsstarker Studierender

Die erwähnte Kritik am universitär-integrierten Jura-Bachelor greift auch deshalb zu kurz, weil keineswegs nur jene Studierenden davon profitierten, die auf dem Ausbildungsweg zu Volljurist:innen den Ausstieg wählten. Richtig ist stattdessen, dass ein bereits vor dem Staatsexamen erworbener LL.B. leistungsstarken Student:innen die Möglichkeit gibt, frühzeitig eine attraktive Tätigkeit in Wirtschaftskanzleien oder an Hochschulen aufzunehmen. Zwar bestehen dort auch für Studierende ohne Abschluss Angebote, doch sind diese („Studentische Hilfskraft“) in der Entlohnung sowie den zugewiesenen Aufgaben mit jenen Angeboten kaum zu vergleichen, die Inhaber eines LL.B. erhalten. In vielen Fällen wird so in Sozietäten bereits die Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiter:in, im akademischen Raum zumindest als wissenschaftliche Hilfskraft möglich.

1.4 Stärkung der psychischen Gesundheit

Wer behauptet, ein Examenskandidat mit der Rückfalloption des LL.B. sei während der Examensvorbereitung dem gleichen psychischen Druck ausgesetzt wie ein Zehntsemester, dessen höchster Bildungsabschluss im Alter von etwa 25 Jahren lediglich das Abitur ist, geht fehl. Selbstverständlich werden Versagens- und Zukunftsängste auf dem Weg zum Staatsexamen geringer, wenn dessen Ausgang zumindest nicht mehr ausschließlich über berufliches Wohl und Wehe entscheidet. Kurzum: Der universitär-integrierte LL.B. beeinträchtigt den Wert der Staatsexamina nicht im Geringsten. Bei bedachter Einführung und kluger Ausgestaltung der Curricula eröffnet er jungen Menschen vielfältige berufliche Perspektiven und fördert nicht zuletzt ihre psychische Gesundheit.

2.   Erkennbarer politischer Wille

Dem politischen Willen, einen LL.B. in das rechtswissenschaftliche Universitätsstudium zu integrieren, tat die mediale Debatte im Frühsommer 2022 keinerlei Abbruch. Im Gegenteil: Am 30. August 2022 legte Hessens Justizminister Roman Poseck eine Entscheidungsvorlage zur anstehenden Herbstkonferenz der Justizminister vor. Damit initiierte er einen Beschluss der Justizministerinnen und -minister die sich am 10. November 2022 dazu bekannten, die Attraktivität der Juristenausbildung weiter erhöhen zu wollen – und in diesem Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen die Einführung eines integrierten „Bachelor of Laws“-Abschlusses (LL.B.) zu diskutieren. Die Justizminister kamen aber auch überein, dass ein integrierter Bachelor „keinen Ersatz für die juristischen Staatsprüfungen darstellen“ dürfe. Schließlich prägten und sicherten die juristischen Staatsprüfungen die Qualität der Juristenausbildung in Deutschland, weshalb sie „als Voraussetzung für die Befähigung zum Richteramt unangetastet fortbestehen“ müssten. Vorbehaltlich dieser Eckpfeiler beauftragten die Justizminister:innen den „Koordinierungsausschuss Juristenausbildung“ mit der näheren Prüfung und Ausgestaltung einer möglichen Einführung.

Auch die Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verfolgen derartige Pläne auf Hochtouren: In Schleswig-Holstein haben sich CDU und Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Koalitionsvertrag von Sommer 2022 dazu bekannt, „die Einführung eines integrierten Bachelorabschlusses“ zu prüfen (siehe hier, S. 113). Im nordrhein-westfälischen Koalitionsvertrag zwischen den gleichen Parteien heißt es noch klarer: „Wir wollen unseren Universitäten für das Jurastudium den integrierten Bachelor ermöglichen“ (siehe hier, S. 86). Jedenfalls an Rhein und Ruhr dürfte alsbald mit konkretisierten Planungen zu rechnen sein.

3. Private wie staatliche Vorbilder

Anschauungsmaterial für die konkrete Ausgestaltung eines LL.B.-Curriculums bieten zwei private rechtswissenschaftliche Fakultäten, die schon viele Jahre gute Erfahrungen damit machen, ihren Studierenden nach einigen Semestern den integrierten Bachelor zu verleihen. So vergibt die Bucerius Law School den Grad nach zwei Jahren Grundstudium, einem Auslandstrimester, einem Jahr Schwerpunktbereichsstudium und den Fortgeschrittenenübungen. In ähnlicher Weise verfährt die EBS Law School in Wiesbaden.

Doch auch staatlichen Universitäten ist der LL.B. nicht völlig fremd. In Berlin etwa können Studierende einen LL.B. sowohl an der Freien Universität als auch an der Humboldt-Universität erwerben. An der Universität Leipzig wird die Einführung des Jura-Bachelors ebenso konkret vorbereitet wie etwa an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Universität Hamburg.

Die Curricula der genannten Bachelor-Programme sind im Wesentlichen genauso akademisch ausgestaltet wie das klassische Jurastudium: Die Studienleistungen aus Grund- und Hauptstudium werden in ECTS-Punkte um- und auf den LL.B. angerechnet. Die Brücke zum Abschluss ist das Schwerpunktbereichsstudium: Die Examensseminararbeit ist zugleich Bachelorarbeit und berechtigt nach einer ergänzenden mündlichen Prüfung zum Führen des Grades „Bachelor of Laws“.

Mit Blick auf den integrierten Bachelor müssen die rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland das Rad also keineswegs neu erfinden. Das Parallelsystem, das sich an Fachhochschulen für Polizei und öffentliche Verwaltung sowie an privaten Fachhochschulen mit wirtschaftlicher Ausrichtung etabliert hat, taugt hingegen nicht als Blaupause. Die dortigen Programme sind eher wissenschaftsfern und genügen den Ansprüchen der juristischen Fakultäten nicht.

4. Herausforderungen einer Einführung

Die konkrete Gestaltung der geplanten Studienreform birgt freilich einige Fallstricke – sowohl bezogen auf die konkrete Organisation der Bachelor-Vergabe als auch mit Blick auf die Auswirkungen, die die Einführung des LL.B. mittelbar auf das rechtswissenschaftliche Studium selbst hat.

4.1 Universitäre oder staatliche Verleihung

In der bisherigen Debatte steht zumeist im Raum, den integrierten Jura-Bachelor durch die Universitäten selbst einführen zu lassen. Zwar stellt dies den Regelfall dar und wird beispielsweise in Nordrhein-Westfalen auch in Bezug auf jenen Grad so gehandhabt, den die Universitäten ihren Studierenden gegen Nachweis des bestandenen Staatsexamens – und ohne weitere Voraussetzungen – verleihen (z.B. „Mag. iur.“ in Köln oder „M. Iur.“ in Münster). Andere Bundesländer gehen aber einen anderen Weg. So sieht § 25 Abs. 3 des hessischen Juristenausbildungsgesetzes (JAG) vor, dass die dortigen Studierenden nach Bestehen des Staatsexamens kraft Gesetzes einen entsprechenden Grad (dort etwas missverständlich „Ref. iur.“) führen dürfen.

Auch wenn ein solches Verfahren in Bezug auf den universitär-integrierten LL.B. – der sinnvollerweise mit Abschluss des Schwerpunktbereichsstudiums verliehen werden sollte – öffentlich bislang kaum diskutiert wird, liegen zahlreiche Vorteile doch auf der Hand. So müsste keine zusätzliche (Programm-)Akkreditierung erfolgen, der Verwaltungsaufwand würde also deutlich geringer. Darüber hinaus wäre im Ansatz eine landesweite Einheitlichkeit hergestellt, anders als etwa im erwähnten Fall von „Mag. iur.“ und „M. Iur.“ Die Frage, ob der LL.B. im Zuge einer verbindlichen landesrechtlichen Festlegung durch die Universitäten verliehen oder doch dezentral ausgestaltet und akkreditiert werden sollte, bedarf also zunächst einer politischen Entscheidung.

4.2 Reihenfolge von universitärer und staatlicher Prüfung

Fragen stellen sich darüber hinaus vor allem bezüglich der Verzahnung von universitärem Schwerpunktbereichsstudium einerseits und staatlicher Pflichtfachprüfung andererseits. Studierende beispielsweise in Nordrhein-Westfalen können bislang frei wählen, ob sie zuerst die staatliche Pflichtfachprüfung oder die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung ablegen wollen. An vielen der dortigen Jura-Fakultäten entscheidet sich die überwiegende Mehrheit der Studierenden dafür, nach Grund- und Hauptstudium zunächst die staatliche Pflichtfachprüfung abzulegen und erst anschließend für das Schwerpunktbereichsstudium zurück an die Universität zu kommen. Hierdurch erhoffen sich die Studierenden, in der Examensvorbereitung besser auf das examensrelevante Grundwissen aus den vorherigen Semestern zurückgreifen zu können und nicht durch – teils exotische – Schwerpunktbereiche abgelenkt zu werden.

Der integrierte Jura-Bachelor wird diese Wahlreihenfolge mit hoher Wahrscheinlichkeit verändern. Studierende werden vermehrt das Schwerpunktbereichsstudium vorziehen, um mit einem LL.B. als Rückfalloption in die Examensvorbereitung gehen zu können. Vermutlich werden Studierende bei der Wahl des Schwerpunktbereichs angesichts der später folgenden Examensprüfungen überdies stärker dazu neigen, Schwerpunktbereiche mit inhaltlicher Nähe zum Pflichtstoff des Examens zu belegen. Dieser Anreiz birgt Gefahren, den Schwerpunktbereich zu einer Art vorgelagertem Repetitorium verkommen zu lassen. Ziel dieses Studienabschnitts ist es jedoch, den Studierenden zu ermöglichen, sich selbstbestimmt einem sie interessierenden Rechtsgebiet zuzuwenden – und zwar auf hohem wissenschaftlichem Niveau.

Kurzum: Die Wahl des Schwerpunktbereichs sollte auf der Grundlage fachlicher Interessen erfolgen, obgleich schon heute die Auswahl vielfach aus anderen Motiven (etwa wegen hoher Durchschnittsnoten) getroffen wird. Es wird folglich Aufgabe der Universitäten sein, die Inhalte der Schwerpunktbereiche so auszurichten, dass stets auch Wissen außerhalb des Pflichtstoffs vermittelt und Fehlanreizen konsequent begegnet wird.

4.3 Berufsspezifische Schwerpunktbereiche

Da nicht alle LL.B.-Absolvent:innen auch die Erste Prüfung ablegen werden, sollten Universitäten im Interesse der Studierenden die berufspraktische Komponente im Schwerpunktbereichsstudium stärker akzentuieren. Es gilt zu beachten, dass einige Studierende unmittelbar nach Erreichen des Bachelor-Abschlusses in das Berufsleben starten werden – hierfür sollten sie entsprechend ausgebildet sein. Wenn ein Studierender zum Beispiel einen Schwerpunktbereich „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ oder „Staat und Verwaltung“ wählt, sollte das Wort „Bescheidtechnik“ vielleicht wenigstens einmal gefallen sein. Selbstredend dürfen solche praktischen Elemente die theoretische Wissensvermittlung nicht ersetzen – sollen sie doch nicht die Rolle des Rechtsreferendariats übernehmen, sondern die häufig theorielastige Ausbildung lediglich flankieren.

4.4 Aufwertung der Grundlagenfächer in den Schwerpunktbereichen

Um auch LL.B.-Absolvent:innen mit dem Wertefundament der Rechtsordnung vertraut zu machen – und nebenbei auch die Grundlagenfächer in der juristischen Ausbildung aufzuwerten –, ist es angezeigt, jeden Schwerpunktbereich mit einem Grundlagenbezug zu versehen. Denn auch Absolvent:innen, die nicht in den klassischen juristischen Berufsfeldern tätig werden, sollten die in der Rechtsordnung zum Ausdruck gekommenen Werte verinnerlicht haben. So würde z.B. in einem Schwerpunktbereich zum öffentlichen Recht auch ein Seminar zum Missbrauch des Rechts in der Zeit des Nationalsozialismus Sinn ergeben. Auf diese Weise würde sichergestellt, dass auch LL.B.-Absolvent:innen für die großen Fragen von Recht und Gerechtigkeit sensibilisiert werden.

4.5 Notenkultur

Aufmerksam müssen die Fakultäten darüber hinaus über die Notenvergabe wachen. Anliegen muss es insbesondere sein, eine schleichende Noteninflation zu verhindern. Zwar fallen bereits heute die Bewertungen im universitären Schwerpunktbereich durchschnittlich besser aus als jene in der staatlichen Pflichtfachprüfung. Sofern lediglich maßvoll ausgeprägt, nimmt das Ausbildungssystem diese Tendenz hin. Problematisch wären aber Schwerpunktbereiche, in denen aufgrund niedrigerer Anforderungen systematisch signifikant bessere Zensuren vergeben werden als für die gleiche Leistung in anderen Schwerpunktbereichen. Sofern sich solche Angebote etablieren würden, stünde eine Entwertung des gesamten Jurastudiums zu befürchten. Mit Einführung des universitär-integrierten LL.B. gilt mehr denn je: Ein laxes Schwerpunktbereichsstudium darf es nicht geben.

4.6 Aufwertung der Leistungen im Schwerpunktbereich

Das Neujustieren der Schwerpunktbereiche könnten Universitäten ferner zum Anlass nehmen, die Prüfungsleistungen über das Schwerpunktbereichsstudium hinaus aufzuwerten – zum Beispiel in Kooperation mit den Rechtsanwaltskammern. So ließe sich daran denken, dass sich Student:innen im Schwerpunktbereichsstudium in praxisnahen Fächern erbrachte Leistungen von herausragender Güte im Zuge eines späteren Fachanwaltslehrgangs anrechnen lassen können. Ferner könnte man darüber nachdenken, besonders gute Forschungsleistungen im Schwerpunktbereich zu honorieren, indem sie in späteren etwaigen Promotionsverfahren Berücksichtigung finden.

An der Universität zu Köln etwa sieht die Promotionsordnung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in § 3 Abs. 1 Satz 1 lit. b vor, dass zur Promotion nur zugelassen wird, wer in einem näher bestimmten Seminar eine Ausarbeitung eingereicht und ein Referat gehalten hat, und die Leistung mit einer bestimmten Mindestnote bewertet wurde. Diese Promotionszulassungsvoraussetzung haben Kölner Studierende bereits erfüllt, wenn sie im Schwerpunktbereichsstudium eine entsprechende Leistung erbracht haben.

5.   Fazit

Zweifelsohne birgt die Integration eines LL.B. in das universitäre und auf das Staatsexamen ausgerichtete Jurastudium einige Fallstricke. Es gilt, beide Abschlussziele sinnvoll und möglichst ressourcenschonend miteinander zu verzahnen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ausgestaltung der angestrebten Studienreform keine Entwertung des Staatsexamens herbeiführt. Da die Einstellungsvoraussetzungen für Richter:innen sowie Staats- und Rechtsanwält:innen durch die angestrebte Reform nicht gesenkt werden, sollte diese Hürde leicht zu meistern sein.

Zweitens wird es Aufgabe der Universitäten sein, die Curricula der aufzuwertenden Schwerpunktbereiche so auszugestalten, dass LL.B.-Absolvent:innen zum einen arbeitsmarktbezogen ausgebildet werden und zum anderen auch fundierte Kenntnisse über die philosophischen, historischen und politischen Grundlagen der Rechtsordnung sowie die spezifisch juristische Methodik mitbringen. Gelingt beides und setzen die Justizminister:innen die Umsetzung des Vorhabens weiter mit Nachdruck auf die Agenda, wird der integrierte Jura-Bachelor das, was er zu werden verheißt: eine Bereicherung für das universitäre Jurastudium in Deutschland.

Prof. Dr. Markus Ogorek LL.M.

leitet das Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität zu Köln