Einkommen und Vermögen im Bürgergeld

Eine Momentaufnahme nach dem Regierungsentwurf

Von Judit Neumann | 4. November 2022

Bei den Einkommen- und Vermögensregelungen würde sich nach dem Regierungsentwurf zum Bürgergeld ab Januar 2023 gegenüber den derzeitigen Regelungen im SGB II vieles ändern. Hier folgt ein Überblick über die wichtigsten geplanten neuen Bestimmungen zum Einkommen und Vermögen im Bürgergeld.  

Vor nicht einmal einem Jahr unterzeichneten die Spitzenvertreter:innen der Ampel-Regierung den Koalitionsvertrag. Unter dem Generalplan „Mehr Fortschritt wagen“ positionierten sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auch zur Einführung eines Bürgergelds. Die – wenngleich nur skizzierten – Pläne sind in einem Beitrag zum Thema des Monats im Dezember 2021 vom Netzwerk Sozialrecht bereits vorgestellt worden (siehe hier).

1. Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens

Am 9. August 2022 wurde auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) der Referentenentwurf (RefE) zu einem Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes – veröffentlicht. Nach Abgabe der Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren legte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf (RegE) zum Bürgergeldgesetz vor. Der Referentenentwurf, Stellungnahmen und der Regierungsentwurf finden sich hier.

Der RegE hat am 13. Oktober 2022 in erster Lesung den Bundestag durchlaufen und war Gegenstand der Bundesratssitzung am 28. Oktober 2022. Zu den hier interessierenden Bereichen „Einkommen“ und „Vermögen“ empfahl der federführende Bundesratsausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik weitergehende Änderungen bei der Einkommensanrechnung zugunsten mehr als geringfügig erwerbstätiger Leistungsberechtigter und eine engere Fassung des Schutzes allgemeinen Altersvorsorgevermögens (RegE § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3). Demgegenüber wurden Zweckbindungsgedanken bei einer Neuregelung von Freibeträgen beim Altersvorsorgevermögen hauptberuflich selbständig Tätiger nicht aufgegriffen.

Diese Vorschläge fanden Eingang in die Stellungnahme des Bundesrats (siehe hier).

Die zweite und dritte Lesung sowie die Abstimmung im Bundestag sind für den 10. November 2022 angesetzt. Dass danach im Bundesrat alles glatt laufen wird, kann nach massiver Kritik aus den Reihen der Union (siehe hier) bezweifelt werden.

2. Einführung in die Existenzsicherung durch Einkommen und Vermögen

Noch wird das Bürgergeld zugleich „Grundsicherung“ (für Arbeitsuchende) heißen. Leistungen nach dem SGB II sollen nicht nur das Existenzminimum Arbeitsuchender sichern. Sie mussten und müssen auch von vielen erwerbstätigen Menschen in Anspruch genommen werden, die aufgrund des Verhältnisses der von ihnen erarbeiteten Einnahmen zur Höhe ihrer Bedarfe auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen sind. Jede Änderung in einem der beiden Bereiche „Bedarfe“ oder „Einkommen“ führt im Regelfall zu einer Änderung der Anspruchshöhe. Eine quecksilbrige Kombination, die im Hinblick auf das grundsätzlich geltende Monatsprinzip und die Aufgabe, die Bedarfe Leistungsberechtigter zeitnah zu decken, zunächst einmal Verwaltungsaufwand kostet. Die gesetzgeberische Antwort hierauf ist die vorläufige Entscheidung gemäß § 41a SGB II.

Die andere Bedarfsdeckungsmöglichkeit im SGB II ist demgegenüber ein eher träges Geschäft. Bei der Bedarfsdeckung durch einzusetzendes Vermögen bewegt sich – ist es einmal, wenn auch bislang zeit- und kostenaufwändig, ermittelt – vergleichbar wenig. Die Frage ist hier überwiegend, ob überhaupt ein Anspruch besteht oder nicht. Dass seine konkrete Höhe von der Höhe des Vermögens abhängig ist, bleibt selten. Erforderlich wäre hierfür regelmäßig, dass der monatliche Bedarf durch die Freibeträge (bislang § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 1a und 4 SGB II, nach dem RegE § 12 Abs. 2 SGB II) übersteigendes Vermögen nur teilweise gedeckt wird. Einen „fiktiven“ Vermögensverbrauch kennen die Grundsicherungssysteme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht.

Seit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende standen beide Bedarfsdeckungsmöglichkeiten gleichrangig nebeneinander. Die Einführungsvorschrift zur Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) sah und sieht keine Differenzierung vor. Im Ausgangspunkt geht es darum, ob der Hilfebedarf durch „bereite“ Mittel gedeckt werden kann. In dem Erfordernis des bereiten Mittels kommt die Schutzposition aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit (iVm) Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz zum Ausdruck (siehe hierzu z. B. BSG vom 24. Mai 2017 – Az. B 14 AS 16/16 R – RdNr. 17).

3. Der Einsatz von Vermögen: Ist der Anspruch auf Bürgergeld noch eine Frage der Hilfebedürftigkeit?

Mit dem Bürgergeld wird die Bedarfsdeckung durch Vermögen an Bedeutung verlieren. Das gilt für die geplante sogenannte Karenzzeit von zwei Jahren (siehe unten 3.2), aber auch für die Zeit danach. In beiden Phasen ist Vermögen nicht im bisherigen Umfang einzusetzen.

3.1 Allgemeine Vermögensregelungen

Der geplante Aufbau von § 12 SGB II bildet die bisherige Systematik der Vermögensprüfung besser als bisher ab und gleicht ihn den Vorschriften für das Einkommen an. Erst ist zu beurteilen, ob ein Vermögensbestandteil seinem Gegenstand nach überhaupt zu berücksichtigen ist und es stellt sich die Frage nach der Verwertbarkeit (RegE § 12 Abs. 1 SGB II; vgl. für Einkommen: § 11a SGB II). Dann kommt es auf Absetzungen (Freibeträge) an (RegE § 12 Abs. 2 SGB II; vgl. für Einkommen: § 11b SGB II).

Bei der Berücksichtigungsfähigkeit von Vermögen sind mehrere Neuerungen geplant. Auf die „Angemessenheit“ – als unbestimmten Rechtsbegriff – kommt es nur noch bei Hausrat und Kraftfahrzeugen an (RegE § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II). Hinsichtlich des weiteren Katalogs in § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB II will nunmehr der Gesetzgeber konkret vorgeben, was er beim Bezug von Bürgergeld für angemessen hält. Hier sind neue Sonderregelungen u. a. bezogen auf folgende Vermögensgegenstände geplant:

Die rechnerisch „einfache“ Frage des allgemeinen Vermögensfreibetrags ist bei der Anspruchsprüfung nachrangig zu beantworten. Im Wesentlichen gelten für den allgemeinen Vermögensfreibetrag drei Erleichterungen:

Im einfachen Bar/Buchgeld-Berechnungsmodell bedeutet das: Vor der Pandemie-Gesetzgebung und dem geplanten Bürgergeld belief sich bei einer 42 Jahre alten alleinstehenden leistungsberechtigten Person der Grundfreibetrag auf 6.300 Euro (150 Euro x 42 Jahre; vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und der zusätzlich zu berücksichtigende Anschaffungsfreibetrag auf 750 Euro (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Es blieben also 7.050 Euro anrechnungsfrei. Die Parallelberechnung ergab für eine 62 Jahre alte Person unter den gleichen Voraussetzungen 10.050 Euro. Ab 2023 beläuft sich der geplante anrechnungsfreie Betrag in beiden Fällen auf 15.000 Euro. Das ist – aller Aufregung zum Trotz – für die 62 Jahre alte Person nicht viel mehr als bei der zum 31. Dezember 2004 abgeschafften Arbeitslosenhilfe, bei der ein Freibetrag von 12.400 Euro – ggf. unter Anrechnung von Altersvorsorgevermögen – zu berücksichtigen war.

3.2 Vermögensregelungen in der Karenzzeit

Ein großes Thema der Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren war die Karenzzeit (vgl. hier die Stellungnahmen des Deutschen Sozialgerichtstags e. V., des Deutschen Landkreistags und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände). Die Karenzzeit ist, grob umrissen, ein Puffer von zwei Jahren (24 Monaten) ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach dem SGB II bezogen werden. Sie wirkt auf zwei Ebenen:

Für die Berechnung des allgemeinen Vermögensfreibetrags in der Karenzzeit gelten nach dem RegE zu den allgemeinen Neuerungen beim Vermögenseinsatz drei Besonderheiten:

  1. Selbst genutztes Wohneigentum ist von vornherein nicht zu verwerten, also auch nicht zu bewerten (RegE § 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II).
  2. Der allgemeine Vermögensfreibetrag wird nochmals erhöht; maßgeblich ist die Schwelle zum erheblichen Vermögen (RegE § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II).
  3. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn dies im Antrag erklärt wird (RegE § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II).

Der allgemeine Vermögensfreibetrag in der Karenzzeit wird abgeleitet von der „aus Anlass der COVID-19-Pandemie angewandte[n] Grenze“ (vgl. dazu die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit [BA] zu § 67 SGB II 1.2.(5), Stand 24. Juni 2022) und damit letztlich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 21 des Wohngeldgesetzes (WoGVwV vom 28. Juni 2017, BAnz AT 10.Juli 2017 B5). Wohngeld ist auch eine steuerfinanzierte Sozialleistung.

Ein Wohngeldanspruch besteht nach § 21 Nr. 3 WoGG nicht, soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre, insbesondere wegen erheblichen Vermögens. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 21 Nr. 8 WoGG 2008 die Zumutbarkeit des Einsatzes des Vermögens zur Deckung des Wohnbedarfs im Lichte der individuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu beurteilen und nicht anhand einer pauschalen und starren Vermögensgrenze, jenseits derer die Inanspruchnahme von Wohngeld ohne Weiteres als missbräuchlich anzusehen wäre (BVerwG vom 18. April 2013 – 5 C 21.12 – dort auch instruktiv zur Herleitung einer Richtgröße von 61.000 Euro).

Ohne nähergehende Begründung (außer der Rechtsanwendung während der Pandemie) werden im RegE diejenigen Freibeträge als starre Grenzen eingeführt, die in RdNr. 21.37 WoGVwV darstellt sind: 60.000 Euro für die leistungsberechtigte Person und 30.000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person (RegE § 12 Abs. 3 SGB II).

Eine nicht nur aus gelebter Verwaltungspraxis erfolgte Ableitung der Beträge im RegE hätte die Diskussion zu der Frage versachlichen können, was noch Sicherung des Existenzminimums ist. So bleibt der Beigeschmack der Überschrift in der Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom 23. August 2022 bei § 12 SGB II: „Verwaltungsvereinfachung, Rechtsicherheit und Bürokratieabbau“.

Der RegE hat in § 65 Abs. 4 SGB II eine Übergangsregelung zur Karenzzeit vorgesehen. Danach sollen Zeiten des Leistungsbezugs bis zum 31. Dezember 2022 bei den Karenzzeiten unberücksichtigt bleiben. Damit soll nach Auffassung der Bundesregierung erreicht werden, „dass die neue Karenzzeit für das neue Bürgergeld für alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig davon gilt, ob vor Inkrafttreten des Bürgergeldes Leistungen nach dem SGB II […] bezogen wurden“ (BR-Drs. 456/22, S. 104 f.). Allerdings wird dabei übersehen: Von der Karenzzeit nicht profitieren können – die pandemiebedingten Zugangserleichterungen außer Acht gelassen – die bisher Leistungsberechtigten. Diese waren bereits darauf verwiesen, ihr ggf. vorhandenes Vermögen auf die geltenden niedrigeren Freibeträge zu verringern (oder vor einer Verwertung zu schützen), um Leistungen als Zuschuss erhalten zu können. Dass sie in der Zwischenzeit aus dieser Lage heraus Vermögen in den geplanten Freigrenzen des § 12 Abs. 3 SGB II (oder auch nur des § 12 Abs. 2 SGB II) erworben haben, erscheint fernliegend.

4. Der Einsatz von Einkommen – hier dürfte es auch mehr sein

Die geplanten Änderungen beim Einkommen treffen auf im Grundtenor positive Resonanz. Im Einzelnen ist den geplanten Regelungen anzumerken, dass der Fokus der Bürgergeldreform andernorts liegt.

Mit der Aufgabe der Unterscheidung zwischen laufenden (§ 11 Abs. 2 SGB II) und einmaligen (§ 11 Abs. 3 SGB II) Einnahmen entfällt vor allem deswegen ein streitanfälliger Punkt, weil Einnahmen grundsätzlich nur noch für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen (RegE § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Damit muss bei vorzeitigem Verbrauch innerhalb eines normativen Verteilzeitraums (bisher § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II) kein Darlehen (§ 24 Abs. 4 Satz 2 SGB II) in Anspruch genommen werden, dessen Tilgung durch Aufrechnung nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 SGB II vorzunehmen ist. Sind nach dem Monat des Zuflusses noch Mittel aus der Einnahme vorhanden, werden diese – wie bisher bei laufenden Einnahmen – als Vermögen berücksichtigt.

Für als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden (bisher normativ den einmaligen Einnahmen zugeordnet, § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II) soll es nach dem RegE bei der Verteilzeitraumregelung bleiben (§ 11 Abs. 3 SGB II). Das ist in gewisser Weise paradox. Denn die Gleichstellung der Nachzahlung mit der einmaligen Einnahme war erst zum 1. August 2016 erfolgt, nachdem das BSG entschieden hatte, die einmalige Erbringung einer an sich laufenden Leistung ändere nichts an deren Zuordnung zu § 11 Abs. 2 SGB II. Hierzu wurde im Zuge des Regierungsentwurfs zum Neunten Gesetz zur Änderung des SGB II – Rechtsvereinfachung – befunden, es bestehe keine Veranlassung, höhere Nachzahlungen anders als sonstige einmalige Zahlungen zu behandeln, weil auch diese nicht für den Zuflussmonat erbracht würden (vgl. BR-Drucks 66/16, S 33). Nun soll § 11 Abs. 3 SGB II in seiner Ursprungsrichtung keinen Bestand mehr haben, während er für Nachzahlungen weiterhin als zutreffend angesehen wird.

Spannend wird die Umsetzung der Freistellung von Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nr. 12, Nr. 26 oder Nr. 26a Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3.000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten (RegE § 11a Abs. 1 Nr. 5 SGB II). Denn bislang sind bei einer § 26a EStG unterfallenden Tätigkeit Einnahmen nur bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro/Jahr steuerfrei. Für diese Tätigkeiten ginge also eine Anrechnungsfreistellung über 2.160 Euro ins Leere.

Die geplante Regelung zur Nichtberücksichtigung von Mutterschaftsgeld nach § 19 Mutterschutzgesetz (RegE § 11a Abs. 1 Nr. 6 SGB II) wird allgemein wohlwollend zur Kenntnis genommen. Rechtsanwender:innen stellt allerdings der Hinweis in der Begründung im RegE auf eine „erhebliche Verwaltungsvereinfachung“ (BR-Drs. 456/22, S. 78) aller Voraussicht nach vor Schwierigkeiten. Wann rechtfertigt der Wunsch wegen der nachträglichen Zahlung des Mutterschaftsgeldes keine Aufhebungs- und Erstattungsbescheide erlassen sowie keine Erstattungsansprüche nach § 40a SGB II anzeigen und abrechnen zu müssen, die generelle Freistellung einer Einnahme von ihrer Berücksichtigung als Einkommen? Vor allen Dingen: Gilt dieser Gedanke neben dem Mutterschaftsgeld nicht für alle Sozialleistungen, die aufgrund eines länger andauernden Verwaltungsverfahrens rückwirkend bewilligt werden (vgl. aber § 11 Abs. 3 SGB II)?

Vorgesehen waren schon im RefE Freistellungen (RefE § 11a Abs. 7 SGB II) und Erhöhungen der Freibeträge für die Einnahmen von Student:innen, Auszubildenden und Schüler:innen (RefE § 11b Abs. 2b Satz 1 SGB II). Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sein sollen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit in den Schulferien von Schüler:innen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Das gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat. Wenn Schüler:innen allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der Ferienzeiten erwerbstätig sind, gilt eine Freistellung von 520 Euro. Dafür entfällt die Berechnung eines Freibetrags bis zu dieser Höhe (RegE § 11b Abs 3 Satz4 SGB II). Treten Ausbildungsförderleistungen hinzu, greift für diese eine Anrechnungsregelung (RegE § 11b Abs 2b Satz 2 und 3 SGB II). Dasselbe gilt für unter 25-jährige, die eine nach dem Bafög förderungsfähige Ausbildung absolvieren, und Teilnehmer:innen an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen oder Einstiegsqualifizierungen.

Im RegE wurde auch die Forderung nach allgemein verbesserten Absetzbeträgen vom Erwerbseinkommen umgesetzt (RegE § 11b Abs. 3 SGB II). Nunmehr wird die prozentuale Anrechnungsfreistellung dreigestaffelt. Während bisher beim Erwerbseinkommen von 100 Euro bis 1.000 Euro 20 Prozent freizustellen waren, wird die Spanne aufgeteilt. Für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, beläuft sich der Absetzbetrag auf 30 Prozent. Die konkrete Herleitung des Betrags von 520 Euro wird nicht begründet. Über die Bezugnahme auf Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit (vgl. BR-Drucks 456/22, S. 80) wird deutlich, dass die ab dem 1. Oktober 2022 geltende Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1a SGB IV (vgl. Bekanntmachung des BMAS vom 19. August 2022, BAnz AT 5. September 2022 B1) gemeint sein kann.

Fazit

Bei den Einkommens- und Vermögensregelungen würde sich nach dem RegE zum Bürgergeld ab dem 1. Januar 2023 einiges ändern. Viel Lärm gibt es beim Vermögen um die Karenzzeiten und die allgemein günstigeren Freistellungs- und Freibetragsregelungen. Mehr Aufmerksamkeit verdient hätten die neuen Vorschriften zum Einkommen. Von den dortigen Verbesserungen werden deutlich mehr Leistungsberechtigte profitieren.

Judit Neumann

ist Richterin am Bundessozialgericht und gehört hier dem für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen 7. Senat an