von Sabine Knickrehm | 13. Juni 2025
Das bisherige Bürgergeldsystem soll zu einer „neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgebaut werden. Das ist – neben der Zusammenfassung und besseren Abstimmung von einigen steuerfinanzierten Sozialleistungen – eines der wichtigsten Vorhaben, die die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag im Bereich Arbeit und Soziales ankündigt. Was bedeutet dies für Menschen, die im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts stehen oder stehen werden?
Der Koalitionsvertrag (KV) der Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD wird mit den Worten eingeleitet, Deutschland stehe vor historischen Herausforderungen. Die Politik der kommenden Jahre werde maßgeblich darüber entscheiden, „ob wir auch in Zukunft in einem […] gerechten und wohlhabenden Deutschland leben“ (KV Ziff. 3 – 5). Zur Standortbestimmung heißt es dann u. a. weiter, für das Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft werde Leistungsgerechtigkeit zu einem Leitprinzip gemacht (KV Ziff. 33, 36). Es werde der soziale Zusammenhalt gestärkt, durch verlässliche soziale Sicherungssysteme (KV Ziff. 42); Leistung und Anstrengung müssten sich auszahlen (KV Ziff. 66, 67).
1. Bedarfsdeckung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen
Die Koalitionäre bekunden, sie wollten, dass für Bezieher:innen von Grundsicherungsleistungen mehr Anreize bestünden, ein höheres Erwerbseinkommen zu erzielen oder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen (KV Ziff. 446, 447). So soll wohl insbesondere das Erfordernis der Bedarfsdeckung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen gemindert werden.
1.1 Schnittstellen werden in den Blick genommen
Darum würden die Schnittstellen zur Grundsicherung in den Blick genommen. Gemeint sind hier insbesondere das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) und der Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz. Denn sie sollen laut Koalitionsvertrag zusammengefasst und aufeinander abgestimmt werden (KV Ziff. 443 – 445).
Bisher haben SGB-II-Leistungsbezieher:innen nach § 7 Abs. 1 WoGG in der Regel (vgl. § 3 Abs. 4 WoGG) keinen Anspruch auf Wohngeld und nach § 12a Satz 2 Nr. 2 SGB II sind Leistungsberechtigte nach dem SGB II nur dann nicht verpflichtet, die vorrangige Leistung des Wohngelds in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
Dies gilt auch für den Kinderzuschlag. Er ist vorrangig gegenüber den passiven Leistungen nach dem SGB II. Denn Ziel des Kinderzuschlags ist es zu verhindern, dass Familien allein wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder in das System des Bürgergeldes überwechseln müssen (siehe hier, S. 1 f.).
Bisher schließen sich also Wohngeld, Kinderzuschlag und Bürgergeld in der Regel gegenseitig aus.
Dies festzustellen bedarf im Einzelfall aufwendiger Ermittlungen (der finanziellen Verhältnisse) und der Einschaltung unterschiedlicher Leistungsträger, wie der Wohngeldstelle, der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit und des Jobcenters. Unzweifelhaft wäre hier eine Entschlackung der Leistungsstrukturen wünschenswert, sowohl für die betroffenen Bürger:innen als auch für die Verwaltung. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge schlägt zumindest die Beantragung von Leistungen aus einer Hand vor (siehe hier, S. 9).
Denn die Debatte und das zähe Ringen um die sog. „Kindergrundsicherung“ haben gezeigt, dass die Zusammenführung unterschiedlicher Systeme nicht banal ist. Die Beseitigung der „Schnittstellen“ bedarf einer intensiven Betrachtung und Analyse und einer umfassenden Folgenabwägung bei ihrer Beseitigung. Es muss vermieden werden, dass neue Schnittstellen entstehen und Leistungsberechtigte, insbesondere Kinder, durch „die Maschen des Netzes der sozialen Sicherung fallen“.
Um die Dimension zu verdeutlichen: Im Februar 2025 gab es rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland, die (passiv)leistungsberechtigt nach dem SGB II waren. Allerdings wurden von dieser Zahl auch ca. 1,5 Millionen nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte erfasst, Kinder unter 15 Jahren und gesundheitlich oder rechtlich eingeschränkte Personen (siehe hier, S. 9).
Gerade im Hinblick auf die Kinder im Grundsicherungsbezug müssen jedoch noch mehr Schnittstellen berücksichtigt werden, wie z.B. diejenigen zum Unterhaltsvorschuss und dem Kindergeld. Diese Leistungen sind gegenüber dem Bürgergeld – als Einkommen des Kindes – vorrangig. Auch das BAföG, deren Bezieher:innen inzwischen in weiten Teilen zumindest ergänzend Leistungen nach dem SGB II erhalten können (vgl. §§ 7 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 3 SGB II) oder die durch den Ausschluss vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 6 SGB II für das Bürgergeld leistungsberechtigt sind, müsste in den Blick genommen werden. BAföG-Bezieher:innen sind zwar in der Regel erwerbsfähig, aber zumeist nicht arbeitsuchend.
1.2 Hinzuverdienstregeln sollen reformiert werden
Anreize, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, wollen die Koalitionäre durch eine Reform der Hinzuverdienstregeln bewirken (KV Ziff. 447, 448). Von den rund 4 Millionen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II waren im Februar 2025 rund 830.000 Menschen sog. Aufstocker (siehe hier, S. 10).
Sie erzielten mithin Einkommen – zumeist aus Erwerbstätigkeit, zur Hälfte aus sozialversicherungspflichtiger –, das allerdings nicht ausreichte, um ihren und/oder den Bedarf der gesetzlich definierten Bedarfsgemeinschaft zu decken. Das System der Berücksichtigung von Einkommen bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II ist ausgesprochen differenziert. Es unterscheidet sich auch nach der Einkommensart. So führt der Bezug von bestimmten Sozialleistungen (z. B. der Altersrente) zum Ausschluss vom Bürgergeldanspruch oder die andere Sozialleistung (z. B. das Kindergeld) wird in voller Höhe als Einkommen auf das Bürgergeld angerechnet. Möglich ist auch, dass bestimmtes Einkommen den Beziehenden neben dem Bürgergeld in voller Höhe verbleibt, wie z. B. das Mutterschaftsgeld (vgl. § 11a Abs. 1 Nr. 6 SGB II).
Für die Frage, in welchem Monat des Bürgergeldbezugs das zugeflossene Einkommen zu berücksichtigen ist, kommt es u. a. darauf an, ob es sich um einmaliges oder laufendes Einkommen handelt. Entscheidend ist aber auch die Höhe dieses Einkommens. Denn nach der Grundidee, Erwerbstätigkeit solle sich immer auszahlen, bleiben bestimmte Beträge vom Erwerbseinkommen anrechnungsfrei, wie etwa der Absetzbetrag von 100 Euro nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II. Bei einem darüberhinausgehenden Einkommen gelten weitere prozentuale Absetzungen.
Der Anreiz entweder den vollen oder aufstockenden Leistungsbezug zu verlassen – so auch die Erkenntnisse der an der Koalition beteiligten Parteien – wird mithin u. a. durch die sog. Transferentzugsrate mitbestimmt. Als Transferentzugsrate bezeichnet man den Anteil vom zusätzlichen Erwerbseinkommen einer Person im Leistungsbezug, der aufgrund von reduzierten Sozialleistungen nicht zu einer Erhöhung des verfügbaren Gesamteinkommens führt (siehe hier).
Genau hier soll angesetzt werden, um die Regeln zum Hinzuverdienst zu reformieren. Allerdings findet sich im Koalitionsvertrag an dieser Stelle nur der wenig konkrete Satz, die Transferentzugsraten in den unterschiedlichen Leistungssystemen sollten besser aufeinander abgestimmt werden. Auch dies kann nur begrüßt werden. Hier liegt es dann aber wieder – wie schon bei den zuvor beschriebenen Schnittstellen – an den Regelungen im Detail.
1.3 Modernisierung und Entbürokratisierung
Auch Modernisierung und Entbürokratisierung sind für die Koalitionäre u. a. eng verbunden mit der Vereinheitlichung des Einkommensbegriffs und der Zusammenlegung von Sozialleistungen (KV Ziff. 458, 459). Ergänzt wird dies um die Möglichkeit der Pauschalierung von Sozialleistungen (KV Ziff. 460), wobei das Sozialschutzniveau bewahrt werden soll (KV Ziff. 461). Auch dies ist wenig konkret – aber: Zur Konkretisierung, Strukturierung und als Ideengeberin soll eine Kommission zur Sozialstaatsreform gemeinsam mit den Ländern und Kommunen eingesetzt werden. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hatte dazu bereits Empfehlungen abgegeben (siehe hier).
2. Die „neue Grundsicherung für Arbeitssuchende“
Das bisherige Bürgergeldsystem soll in eine neue „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgestaltet werden (KV Ziff. 501). Da wundern sich die kundigen Rechtsanwender:innen. Denn das SGB II wird seit seiner Einführung im Januar 2005 mit „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ betitelt (siehe hier, S. 2954).
Durch das Bürgergeldgesetz vom 16. Dezember 2022 hat es zwar den ergänzenden Titel „Bürgergeld“ erhalten (siehe hier, S. 2328), bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Einordnung unter der Ordnungsnummer 2 als 2. Buch des Sozialgesetzbuchs ist es aber geblieben. Was ist dann neu an der „neuen“ Grundsicherung, außer, dass sie in dem Wort „Arbeitsuchende“ um ein weiteres mittleres „s“ ergänzt werden soll?
2.1 Pläne zur Eingliederung und Vermittlung
2.1.1 Kooperationsplan/Eingliederungsvereinbarung oder was sonst?
„Rechte und Pflichten müssen für beide Seiten verbindlich geregelt werden“ (KV Ziff. 502), lautet die klare Aussage im Koalitionsvertrag. Zutreffend ist, dass die Verbindlichkeit der Vereinbarung zwischen Jobcentern und Leistungsberechtigten über deren Eingliederungsweg durch das Bürgergeldgesetz Anfang 2023 in der ersten Stufe abgeschafft worden ist. Der bis dato zwischen den Leistungsberechtigten und der Verwaltung abzuschließenden Eingliederungsvereinbarung ist die rechtliche Verbindlichkeit genommen worden. Dafür wurde ein auf der ersten Stufe „rechtsfreier“ Kooperationsplan geschaffen.
Die Begründung dafür war allerdings wage. Aus der Begründung in der Bundestagsdrucksache zum Bürgergeldgesetz kann herausgelesen werden, dass dabei letztlich eher die Interessen der Verwaltung als die der Leistungsberechtigten im Vordergrund standen. Gerade von den Jobcentern wurde die rechtliche Einordnung der früheren Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II durch die Rechtsprechung häufig kritisiert.
Die Eingliederungsvereinbarung war durch das BSG als subordinationsrechtlicher Vertrag bewertet worden (vgl. hier und hier).
Hieraus ergeben sich klare rechtliche Konsequenzen für beide Vertrags-„Partner“, also auch für die Verwaltung. Der öffentlich-rechtliche Vertrag vermag zwar die auch vom Gesetzgeber erkannte Asymmetrie im Handeln zwischen Behörde und Bürger:innen nicht auszugleichen. Aber die rechtlichen Folgen fehlerhaften Handelns sind eindeutig. Der Entwurfsgeber des Bürgergeldgesetzes erkannte hierin allerdings eine rechtskonstruktive und praktische Überforderung aller Beteiligten. Die Anforderungen der Rechtsprechung verlangten eine umfassende Darstellung, das ausgewogene Vorhandensein von Leistung und Gegenleistung sowie die Dokumentation der Nachhaltung und Vollständigkeit und führten bei Rechtswidrigkeit einzelner Elemente zur möglichen Gesamtnichtigkeit (siehe hier, S. 83) – in der Regel zu Lasten der Verwaltung.
Die Idee des neuen Kooperationsplans war daher vor allem, ein Instrument zu schaffen, dass die Verwaltung von den Rechtsfolgen einer „nichtigen“ Eingliederungsvereinbarung entlastet – durch rechtliche Unverbindlichkeit. Denn die für die Leistungsberechtigten günstigen Auswirkungen auf der ersten Stufe der Vereinbarung im Kooperationsplan wandeln sich auch in dessen Regime nach der zweiten Stufe, also nach rechtsverbindlicher Aufforderung zur Mitwirkung: Dann tritt eine Regelung mit Konsequenzen für den Bezug passiver Leistungen (§ 15 Abs. 5 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 SGB II) im Sinne möglicher Leistungsminderungen ein.
Eine Rückkehr zur Verbindlichkeit der Vereinbarung von Anfang an, mit einer der Vereinbarung eigenen Konsequenz bei der Nichtbeachtung für beide Seiten, verbunden mit einem Aushandlungsprozess „auf Augenhöhe“, könnte also durchaus einer neuen Regelung wert sein. Insoweit gilt es auszugleichen zwischen Verbindlich- und Rechtsförmigkeit und einem kooperativ-verhandlerischen Ansatz.
2.1.2 Eingliederungsmittel sollen ausreichend zur Verfügung stehen
Den Jobcentern sollen für die Eingliederung ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Die Vermittlung in Arbeit soll dadurch gestärkt werden (KV Ziff. 502 – 504), so die Idee der Koalitionäre. Dies erscheint dringend notwendig, denn die Mittel für Eingliederung müssen sich den „Geldtopf“ mit den Ausgaben für die Verwaltungskosten der Jobcenter teilen. Gerade diese Aufwendungen für die Verwaltungstätigkeit sind in den vergangenen Jahren gestiegen, bei gleichzeitig sinkender Zahl von einzugliedernden Leistungsberechtigten.
In einer Veröffentlichung der Bertelsmann Stiftung zum Bürgergeld (siehe hier, S. 16 f.) wird – unter Verweis auf den Bundesrechnungshof – darauf hingewiesen, dass ca. 20 % der budgetierten Mittel für die Finanzierung von Verwaltungsausgaben ausgegeben werden – in 2024 mehr als 1 Mrd. Euro. Hintergrund ist: Eingliederungs- und Verwaltungsmittel werden im Bundeshaushalt in getrennten Titeln veranschlagt. Sie werden aber, wie bereits dargelegt, als Gesamtbudget betrachtet und sind gegenseitig deckungsfähig. Der Bundesrechnungshof hat dazu befunden, der Ansatz für die Verwaltungsmittel sei aufgrund der steigenden Verwaltungskosten seit Jahren unterausgestattet. In der Folge schichteten die Jobcenter „Geld“ aus den Eingliederungsmitteln in den Verwaltungskostentitel um (siehe hier). Denn die Eingliederungsmittel würden nach der Zahl der zu betreuenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einem Jobcenter verteilt.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ergänze dies mit zwei Indikatoren, dem „Problemdruckindikator“ und dem „Strukturindikator“. Damit sollten ungünstige Rahmenbedingungen – wie zum Beispiel eine hohe Grundsicherungsquote im Bezirk des Jobcenters – bei der Mittelverteilung berücksichtigt werden. Allerdings sei dies wenig zielgenau, denn es gebe Jobcenter, die dadurch mehr Mittel erhielten als sie nutzen könnten. Bei anderen hingegen entstünde infolge dieser Indikatoren häufig eine Unterdeckung ihres Bedarfs. Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass das BMAS trotz dieser Erkenntnis die Aufteilung des Gesamtbudgets für Eingliederungs- und Verwaltungsmittel nicht hinreichend an die tatsächliche Entwicklung anpasse. Er hat daher vorgeschlagen, sich mit der Weiterentwicklung der Mittelveranschlagung und Mittelverteilung zu befassen. Dem folgt offensichtlich der Ansatz der Koalitionäre.
2.1.3 Inhalt der Eingliederung – gesetzliche Änderung notwendig?
Zur Unterstützung der Leistungsberechtigten bei der Vermittlung in Arbeit soll jede arbeitslose Person zukünftig ein persönliches Angebot der Beratung, Unterstützung und Vermittlung erhalten (KV Ziff. 504 – 506).
Zur aktuellen Lage: Aus einer Antwort der neuen Staatssekretärin im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, Anette Kramme, auf eine kleine Anfrage ergibt sich, dass bei den unter 25-jährigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der durchschnittliche Betreuungsschlüssel im Jahr 2023 bei 1 zu 68, im Jahr 2024 bei 1 zu 75 und bei den über 25-jährigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Jahr 2023 bei 1 zu 122, im Jahr 2024 bei 1 zu 124 lag (siehe hier, S. 21).
Dies ist insofern von Bedeutung, als nach dem Koalitionsvertrag für Menschen, die arbeiten könnten, nicht nur ein Vermittlungsangebot bereitgehalten werden soll, sondern auch der Vermittlungsvorrang gelten soll. Die benannte Personengruppe müsse sich aktiv um Beschäftigung bemühen… Für diejenigen, die aufgrund von Vermittlungshemmnissen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt fänden, werde durch Qualifizierung und bessere Gesundheitsförderung sowie Rehamaßnahmen eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht (KV Ziff. 507 – 511).
Diese Aussagen sind nicht wirklich neu. Bereits § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1,2 SGB II sieht dies vor. Denn danach unterstützen die Träger der Leistungen nach dem SGB II erwerbsfähige Leistungsberechtigte umfassend und nachhaltig mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit und Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Leistungsberechtigte Personen erhalten Beratung. Im Rahmen der Beratung wird gemeinsam eine individuelle Strategie zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele erarbeitet und deren schrittweise Umsetzung begleitet.
Fraglich ist nur, ob dies für jede erwerbsfähige Person gilt, der eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar ist, oder bisher nur der Personenkreis in den Genuss der Unterstützung kommt, bei dem „es sich lohnt“. Es können an dieser Stelle nicht die Erkenntnisse zu den Beratungsprozessen – ob überhaupt, Dauer, Wiederholung, Inhalt – im Einzelnen dargelegt werden. Nur ein Schlaglicht drauf wirft eine Prüfmitteilung des Bundesrechnungshofs, in der zu der Integration von Personen mit verfestigtem Leistungsbezug bei Jobcentern in zugelassener kommunaler Trägerschaft ausgeführt wird, ihrer Beratungspflicht seien sie teilweise nicht oder nur ungenügend nachgekommen (siehe hier, S. 15).
Hier scheint es in der Tat Nachbesserungsbedarf zu geben – fraglich ist nur, ob es dazu einer Änderung des Gesetzes oder nicht eher einer Änderung der Anwendungspraxis bedarf.
2.1.4 Vermittlungsvorrang – zurück zur Hartz-IV-Regelung?
Anders scheint es sich bei dem „Vermittlungsvorrang“ zu verhalten. Hier sei in Erinnerung gerufen, dass mit dem Inkrafttreten des SGB II Anfang 2005 der Vorrang einer Vermittlung in Arbeit normiert worden ist, um zumindest den Hilfebedarf, also wenigsten die Leistungshöhe zu mindern. Vermittlung in eine geringfügige Beschäftigung, eine solche im Niedriglohnbereich oder (beim Start des SGB II) in einen sog. „Ein-Euro-Job“ waren das leitende Ziel der Umsetzung der Idee der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik des 4. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (umgangssprachlich „Hartz IV“).
Zusammenfassend kann gesagt werden: Auf dauerhafte Arbeitsmarktintegration in sozialversicherungspflichtige oder existenzsichernde Beschäftigung, die gar die Bedarfe der gesamten Bedarfsgemeinschaft decken und ein Ausscheiden aus dem Leistungsbezug bewirken könnte, war das Fördern im SGB II zunächst in der Regel nicht ausgerichtet.
Anders als vielfach in den Medien dargestellt, hat das Bürgergeldgesetz den normativ angelegten und wohl auch nach Auffassung des Entwurfsgebers des Bürgergeldgesetzes „gelebten Vermittlungsvorrang“ nicht grundsätzlich „gekippt“, sondern ihn lediglich modifiziert. § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II lautet in der aktuellen Gesetzesfassung: „Vorrangig sollen Leistungen erbracht werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit ermöglichen, es sei denn, eine andere Leistung ist für die dauerhafte Eingliederung erforderlich.“ Es ist also normativ beim Vermittlungsvorrang geblieben, aber es wird die „Dauerhaftigkeit“ der Eingliederung verstärkt in den Blick genommen und damit werden auch andere Eingliederungsmaßnahmen fokussiert (siehe dazu auch hier, S. 525 und 530).
Ob dies nun wieder „zurückgedreht“ werden soll, ist zunächst noch offen. Zumindest liegt eine solche Annahme nahe bei Leistungsberechtigten, die keine oder als nicht relevant eingeschätzte Vermittlungshemmnisse mitbringen, wenn es im Koalitionsvertrag heißt: „Für die Menschen, die arbeiten können, soll der Vermittlungsvorrang gelten. Diese Menschen müssen schnellstmöglich in Arbeit vermittelt werden. Für diejenigen, die aufgrund von Vermittlungshemmnissen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt finden, werden wir vor allem durch Qualifizierung und eine bessere Gesundheitsförderung und Reha-Maßnahmen eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen“ (KV Ziff. 506 – 511).
2.1.5 Sanktionen sollen verschärft werden
Verknüpft ist diese Aussage im Koalitionsvertrag damit, dass Vermittlungshürden beseitigt, Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärft sowie Sanktionen schneller, einfacher und unbürokratischer durchgesetzbar werden müssten. Bei Menschen, die arbeiten könnten und wiederholt zumutbare Arbeit verweigerten, werde ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen. Für die Verschärfung von Sanktionen werde die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachtet (KV Ziff. 512 – 518).
Abgesehen davon, dass die Sanktionen seit dem „Bürgergeldgesetz“ konsequent als „Leistungsminderungen“ bezeichnet werden, weil sie eben keine Strafmaßnahmen sind (siehe hier, S. 525), gibt es die Möglichkeit der Leistungsminderung auch nach aktueller Rechtslage weiterhin. Insoweit stellt auch der Koalitionsvertrag sie zutreffend in den Kontext des „Förderns und Forderns“.
Neu wäre allerdings, wenn wieder, wie vor dem Inkrafttreten des Bürgergeldgesetzes, eine erweiterte sog. „Vollsanktionierung“ ermöglicht werden sollte, etwa dergestalt: Wer die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nachhaltig verweigert, dessen Leistungen werden gemindert und ggf. (dauerhaft?) vollständig entzogen.
Bedeutsam ist hier der Hinweis der Koalitionäre auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Daraus folgt: Die Verhältnismäßigkeit muss in jedem Fall gewahrt werden. Dies gilt auch im Falle einer wiederholten Verweigerung der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit. Insoweit sei auf den Wortlaut der Entscheidung des BVerfG vom 5. November 2019 verwiesen, auf den sich diejenigen beziehen, die eine „Vollsanktionierung“ befürworten: „Die Situation (Anm.: derjenigen Leistungsberechtigten, die es selbst in der Hand haben, durch Aufnahme einer ihnen angebotenen zumutbaren Arbeit […] ihre menschenwürdige Existenz tatsächlich und unmittelbar durch die Erzielung von Einkommen zu sichern) ist dann im Ausgangspunkt derjenigen vergleichbar, in der keine Bedürftigkeit vorliegt, weil Einkommen oder Vermögen aktuell verfügbar und zumutbar einsetzbar sind. Wird eine solche tatsächlich existenzsichernde und im Sinne des § 10 SGB II zumutbare Erwerbstätigkeit ohne wichtigen Grund […] willentlich verweigert, obwohl im Verfahren die Möglichkeit bestand, dazu auch etwaige Besonderheiten der persönlichen Situation vorzubringen, die einer Arbeitsaufnahme bei objektiver Betrachtung entgegenstehen könnten, ist daher ein vollständiger Leistungsentzug zu rechtfertigen“ (siehe hier, Rn. 209).
Dass gerade die persönliche Situation des Einzelnen hier von besonderer Bedeutung ist, haben jedoch auch die Koalitionäre zum Ausdruck gebracht, indem sie beispielhaft eine besonders betroffene Personengruppe herausgegriffen haben, die besonders berücksichtigt werden soll: die von Menschen mit psychischen Erkrankungen (KV Ziff. 515).
Ziel der koalierenden Parteien ist nach dem Wortlaut des Vertrags mithin wohl, den Umfang und die Dauer von Leistungsminderungen über das durch das Bürgergeldgesetz festgelegte Maß hinaus zu verändern und unter noch zu bestimmenden Bedingungen eine weitergehende vollständige Minderung als bisher normiert zuzulassen, für die allerdings der Maßstab der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung kommen soll.
2.2 Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs
Schon in den vergangenen Jahrzehnten war „Leistungsmissbrauch“ ein viel diskutiertes Thema. Ihn einzudämmen und insbesondere Schwarzarbeit zu bekämpfen, war erklärtes Ziel der Arbeit in den letzten Legislaturperioden. Genannt sei hier nur das im August 2004 in Kraft getretene Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (siehe hier, S. 1842 ff.).
Hier will die neue Bundesregierung mit weiteren Maßnahmen ansetzen. Im Hinblick auf das SGB II ist der Fokus allerdings auf die Zuwanderung in das Sozialleistungssystem gerichtet. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Großangelegter Sozialleistungsmissbrauch im Inland sowie durch im Ausland lebende Menschen muss beendet werden“ (KV Ziff. 524).
Die neue Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) hat in diesem Zusammenhang vor Pfingsten darauf hingewiesen, dass insoweit ausbeuterische Strukturen ausgemacht worden seien. Es handele sich um mafiöse Strukturen, wenn Menschen aus anderen Ländern mit Arbeitsverträgen nach Deutschland gelockt, ihnen Minijob-Arbeitsverträge angeboten würden, verbunden mit der Aufforderung Bürgergeld zu beantragen, das dann die „Anwerber“ abschöpften (siehe hier).
Gemeint ist hier wohl, sofern in diesem Zusammenhang das SGB II geändert werden soll, eine weitere Einschränkung der Ausschlussregelungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Insoweit wird allerdings die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu beachten sein, insbesondere zu der Frage, ab wann ein freizügigkeitsberechtigendes Beschäftigungsverhältnis gegeben ist. Dass hier europarechtliche Fragen sorgfältig zu wägen sind, hat der Gesetzgeber schon einmal erfahren, als der EuGH 2020 die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II (eingefügt durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und SGB XII) für nicht europarechtskonform erklärt hat (siehe hier).
2.3 Karenzzeiten sollen eingeschränkt oder abgeschafft werden
Mit dem Bürgergeldgesetz hat der Gesetzgeber in Fortsetzung der „Sonderregelungen“ aus der Zeit der Corona-Pandemie (§ 67 Abs. 2 und 3 SGB II) die Ideen der „Karenzzeiten“ in das SGB II als Dauerregelungen übernommen. Bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung gibt es nach § 22 Abs. 1 SGB II eine Karenzzeit von einem Jahr, in dem (auch für große und teure Wohnungen) die vollen Kosten übernommen werden. Beim Vermögen gilt nach § 12 Abs. 3 SGB II ebenfalls die Zeit von einem Jahr ab erstmaligem Leistungsbezug, dass dieses nur berücksichtigt wird, wenn es „erheblich“ ist. Bei Alleinstehenden müsste es dann 40.000 Euro überschreiten.
2.3.1 Karenzzeiten für Vermögen sollen entfallen
Zum Vermögen heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir werden die Karenzzeit für Vermögen abschaffen. Die Höhe des Schonvermögens koppeln wir an die Lebensleistung. Das werden wir bürokratiearm umsetzen“ (KV Ziff. 518 – 519). Beim Vermögen soll damit offensichtlich nicht nur die Karenzzeit auf den Prüfstand gestellt werden, sondern die Verschonung von Vermögen insgesamt.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kommt in einem Forschungsbericht zu dem Ergebnis: Von einer Reduzierung oder Abschaffung der Karenzzeit seien keine großen Einsparungen beim Bürgergeld zu erwarten. Allerdings sei festgestellt worden, dass auch nur wenige Personen hiervon negativ betroffen sein würden. Aktuell würden im Vergleich unter den etwa 4 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehenden nur sehr wenige von der Regelung profitieren. Diese Aussage konnte mit den zur Verfügung stehenden Daten allerdings nicht genau beziffert werden. Stärker würde hingegen der Effekt auf die Zahlen der Empfänger:innen und die Kosten des Bürgergelds ausfallen, wenn zu einer altersabhängigen Berechnung der Vermögensfreibeträge zurückgekehrt würde (siehe hier, S. 31).
2.3.2 Werden Karenzzeiten für Unterkunftsleistungen eingeschränkt?
Zu den Unterkunftsleistungen heißt es im Koalitionsvertrag: „Dort, wo unverhältnismäßig hohe Kosten für Unterkunft vorliegen, entfällt die Karenzzeit“ (KV Ziff. 520). Diese Aussage mag sich insbesondere darauf beziehen, dass es als problematisch gilt, wenn der Umzug in eine teurere Wohnung als die bisher bewohnte kurz vor oder eventuell sogar während der Karenzzeit zur Übernahme von höheren Aufwendungen in der Gestalt von Leistungen nach dem SGB II führt – Stichwort ist hier der Umzug in eine „Luxuswohnung“.
Zu § 67 SGB II hat der 4. Senat des BSG am 14. Dezember 2023 insoweit entschieden: „Die in den Regelungen zum vereinfachten Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie normierte Fiktion, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten als angemessen gelten, findet grundsätzlich auch Anwendung, wenn der Leistungsberechtigte während der Pandemie umgezogen ist“ (siehe hier).
Weiter legt der Senat dar, die sich aus § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II ergebende Rechtsfolge der Fiktion, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für sechs Monate als angemessen gälten, sei nicht auf einmalig sechs Monate begrenzt. Sie trete in jedem Bewilligungszeitraum erneut ein, der innerhalb des in § 67 Abs. 1 SGB II genannten Zeitraums beginne.
Hier wird genau hinzuschauen sein, inwieweit die Regelung des § 22 SGB II überhaupt mit der für die Sondersituation der Pandemie geschaffenen vergleichbar ist, also überhaupt erneuter Regelungsbedarf gegeben ist. Vielleicht ist die Aussage im Koalitionsvertrag auch eher eine Reaktion auf Äußerungen in den Medien, in denen die „Schonfrist für Wohnung“ für einen hohen Bürgergeld-Bedarf verantwortlich gemacht wird. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer meinte dazu kürzlich, es gehe darum, eine Regel, die Ergebnisse produziere, die nicht nachvollziehbar seien, anzupassen (siehe hier).
Bevor die dahinterstehende Vermutung der Ausnutzung des sozialstaatlichen Leistungsbezugs jedoch zu einer Rechtsänderung führt, sollte ihr Realitätsgehalt empirisch fundiert geprüft werden. Im Rahmen einer noch laufenden Evaluation des Bürgergelds hat das IAB als vorläufiges Fazit dargelegt, unter Leistungsbeziehenden seien Sorgen um den Verlust der Wohnung besonders weit verbreitet, insbesondere wenn die Wohnkosten zu hoch seien. Die Wohnsituation spiele auch in Beratungsgesprächen im Jobcenter häufig eine Rolle. Jobcenter-Beschäftigte seien mehrheitlich der Ansicht, dass die Karenzzeit „Wohnen“ zur Vermeidung sozialer Härten beitrage. Sie seien jedoch skeptisch, dass die Leistungsbeziehenden dadurch Zeit gewännen, die sie für die Jobsuche oder den Erwerb von Qualifikationen einsetzten (siehe hier).
2.4 Fortschreibung der Regelbedarfe: Zurück zur alten Methode?
Anfang 2025 wurde der Regelbedarf nicht erhöht. Allerdings war die Anpassung Anfang 2024 auf 563 Euro gegenüber 506 Euro im Jahr 2023 in der Regelbedarfsstufe 1 immer wieder Anlass für Diskussionen der Art, ob der Regelbedarf zu hoch sei im Verhältnis zu Entgelten für Erwerbstätigkeit im unteren Einkommensbereich (sog. Lohnabstandsgebot).
Die Erhöhung 2023/2024 erfolgte über einen neuen Fortschreibungsmechanismus nach § 28a Abs. 3 SGB XII (siehe dazu auch hier). Danach wird die Anpassung der Regelbedarfe neben der Basisfortschreibung durch eine ergänzende Fortschreibung vorgenommen:
Die Basisfortschreibung nach § 28a Abs. 3 SGB XII legt für die Veränderungsrate einen sog. Mischindex zugrunde, zu 70 % bestehend aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und zu 30 % der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je Beschäftigten. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.
Die ergänzende Fortschreibung berücksichtigt die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres.
Wenn die Koalitionäre nun im Vertrag formulieren, es solle der Anpassungsmechanismus der Regelsätze in Bezug auf die Inflation auf den Rechtsstand vor der Corona-Pandemie zurückgeführt werden (KV Ziff. 520-521), könnte dies bedeuten, dass die ergänzende Fortschreibung, die gerade die hohe Inflation nach Beginn des Ukraine-Kriegs im Blick hatte, wieder entfallen soll.
Ob dies allerdings tatsächlich gemeint ist, bleibt abzuwarten, denn ein ergänzender Fortschreibungsmechanismus hat unstreitig seine Berechtigung. Nach der vorhergehenden Rechtslage ließ die Veränderungsrate erst eine sehr späte Reaktion auf die Preisentwicklung zu (siehe hierzu auch hier, S. 816).
3. Fazit
Wie von einem Koalitionsvertrag nicht anders zu erwarten, beinhaltet er Absichtserklärungen, die wenig zu dem besagen, was konkret als in Gesetz gegossene Sozialpolitik tatsächlich in der Legislaturperiode zu erwarten ist. Eine nähere Betrachtung der Hintergründe der einzelnen Programmsätze vermittelt jedoch eine Vorstellung davon, worauf die Umsetzung zielt. Es bleibt zu hoffen, dass sicherlich bestehende Mängel im System der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II/Bürgergeld behoben werden, eine Rückkehr zu den Ausgangsregelungen des Gesetzes – genannt Hartz IV – aber im Interesse aller Beteiligten unterbleibt.