von Jörg Altmann | 14. Februar 2025
Durch die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sollen insbesondere Studierende die für ihren Lebensunterhalt und ihre Ausbildung erforderlichen Mittel erhalten, sofern diese ihnen nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Dabei müssen die Ämter diese Mittel zur Existenzsicherung „in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig“ zahlen. Doch tatsächlich vergehen oft mehrere Monate, bis über die komplexen und umfangreichen Anträge auf BAföG-Leistungen entschieden wird. Hier werden die bürokratischen Herausforderungen bei den BAföG-Anträgen und ihre Hintergründe beleuchtet.
Ausbildungsförderung in Theorie und Praxis
„Wer an einer Ausbildung teilnimmt, die seiner Neigung, Eignung und Leistung entspricht, hat ein Recht auf individuelle Förderung seiner Ausbildung, wenn ihm die hierfür erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen.“ So formuliert es § 3 Abs. 1 SGB I. Mit dem „Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung“, in der Kurzform „Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)“, wurde dieses Versprechen durch das zum 1. September 1971 in Kraft getretene BAföG-Gesetz, schon fünf Jahre vor Inkrafttreten des SGB I konkretisiert. Die Umsetzung erfolgt im Wege der Bundesauftragsverwaltung durch die jeweiligen Länder, welche wiederum die zuständigen Behörden bestimmen (§ 39 Abs. 2 BAföG). Die Zuständigkeit für die Ausbildungsförderung liegt in den meisten Bundesländern bei den Studierendenwerken.
Ziel des BAföG ist es, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation eine Ausbildung (Hochschulausbildung, schulische Ausbildung an Berufsfachschulen usw.) zu ermöglichen. Sinn und Zweck nach § 1 BAföG ist es, bezogen auf die Hauptzielgruppe der Studierenden, den Lebensunterhalt und die Ausbildungskosten für ein Vollzeitstudium bereitzustellen, soweit diese Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Es handelt sich damit um ein bedarfsabhängiges Existenzsicherungssystem, vergleichbar dem SGB II, SGB XII oder Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), bei dem der Leistungsanspruch sowohl vom eigenen Einkommen als auch vom Eltern- oder Partnereinkommen abhängt.
Allein der Umstand, dass es sich um eine existenzsichernde Leistung handelt, verbunden mit der Verpflichtung der Sozialleistungsträger in § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I, „darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält“, sollte in der Praxis zu einer schnellen und effizienten Entscheidung und Auszahlung führen.
In der Praxis betragen die Bearbeitungszeiten für einen Antrag auf Ausbildungsförderung je nach Bundesland jedoch im Durchschnitt vier bis zwölf Wochen. Dabei beziehen sich diese Angaben auf den Zeitpunkt ab der „vollständigen Antragstellung“, wobei Auswertungen der Studierendenwerke ergeben haben, dass etwa 90 % der Papieranträge unvollständig sind und deshalb Angaben ergänzt bzw. präzisiert und Unterlagen nachgefordert werden müssen (siehe hier für Sachsen-Anhalt und hier für Schleswig-Holstein).
Der realistische Zeitraum zwischen der erstmaligen Antragstellung und der Entscheidung beträgt in einem nicht unerheblichen Teil der Fälle oft mehrere Monate. Die antragstellenden Studierenden müssen daher andere Wege finden, um ihren Lebensunterhalt vorerst zu finanzieren. Kein Wunder also, dass gut 35 % der Studierenden auch deshalb als armutsgefährdet gelten, während es bei der übrigen Bevölkerung 14 % sind (siehe hier).
Sucht man nach den Ursachen, warum die Ausbildungsförderung nicht zeitnah bewilligt und gezahlt wird, sprechen die Beteiligten – sowohl Studierende als auch Studierendenwerke – von unterschiedlichen Gründen, die sich jedoch unter dem Oberbegriff „bürokratische Herausforderungen“ ganz gut zusammenfassen lassen.
Versuche der Entbürokratisierung im Antragsverfahren
Im BAföG galt bis zum Jahr 2016 der Grundsatz, dass über die Leistung von Ausbildungsförderung sowie über die Höhe der Darlehenssumme auf schriftlichen Antrag entschieden wird. Seit dem 1. August 2016 waren die BAföG-Ämter verpflichtet, neben der schriftlichen Antragstellung eine elektronische Antragstellung zu ermöglichen, die den Vorgaben des § 36a Abs. 2 SGB I entspricht. Nunmehr ermöglicht § 46 Abs. 1 BAföG seit dem 22. Juli 2022 ausdrücklich die „schriftliche oder elektronische Antragstellung“, welche insbesondere die digitale Antragstellung durch Verzicht auf die Schriftformerfordernis (also die Form mit einer eigenhändigen Unterschrift) erleichtern sollte (siehe hier, S. 2 ff und S. 32 f.).
Allerdings wurde schon in der Gesetzesbegründung darauf eingegangen, dass „eine medienbruchfreie Nutzung des digitalen BAföG-Antrags bisher nur mit Hilfe eines elektronischen Authentisierungsverfahrens, das die Unterschrift ersetzt, möglich sei. Diese Verfahren, wie insbesondere die eID-Funktion des Personalausweises, seien aber noch längst nicht so verbreitet, dass sie regelmäßig auch tatsächlich im Einzelfall verfügbar sind und genutzt werden.“
Aus den Kreisen der Studierendenwerke wurde zudem verlautbart, dass aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen noch keine elektronische Akte geführt werde, so dass die elektronischen Anträge nicht medienbruchfrei weiterverarbeitet werden könnten; die elektronischen Anträge müssten zunächst ausgedruckt und eine Papierakte angelegt werden (siehe hier).
Zumindest lassen aber die Pressemeldungen verschiedener Studierendenwerke aus dem Jahr 2024 darauf schließen, dass die unter Federführung des Landes Sachsen-Anhalt entwickelte elektronische Akte zwischenzeitlich eingeführt wurde.
In der überwiegenden Anzahl der Fälle werden die Anträge auf Ausbildungsförderung immer noch schriftlich gestellt. Dabei sind gem. § 46 Abs. 2 BAföG die zur Feststellung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen auf den Formblättern anzugeben, soweit solche vorgesehen sind. Tatsächlich existiert auch eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter (BAföG-FormblattVwV 2020).
Mit der Verwendung von Formblättern soll sichergestellt werden, dass alle notwendigen Angaben von den Antragstellenden erfasst und damit Rückfragen oder Ergänzungen im Antragsverfahren möglichst minimiert werden. Dies ist zumindest die Intention des § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I, wonach der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, „insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke“.
Bestrebungen des Bundes zur Entbürokratisierung der Ausbildungsförderung sind nicht neu. Bereits im Jahr 2009 wurde vom Nationalen Normenkontrollrat (ein von der Bundesregierung eingerichtetes unabhängiges Beratungs- und Kontrollgremium) ein gemeinsames Projekt mit den Bundesländern unter dem Titel „Einfacher zum Studierenden-BAFöG“ auf den Weg gebracht mit dem Ziel, den mit der Antragstellung und Antragsbearbeitung von BAföG einhergehenden Aufwand aus Sicht der betroffenen Ämter und Studierenden zu analysieren (Adressatenperspektive), die Erfahrungen der Ämter für Ausbildungsförderung mit den bundesrechtlichen Vorgaben rückzukoppeln sowie Vereinfachungsmöglichkeiten und Praxisbeispiele zu identifizieren.
Die im Ergebnisbericht des Projektes veröffentlichte Analyse des zeitlichen Aufwandes für Studierende im Antragsverfahren auf eine Inlandsförderung hat ergeben, dass Studierende durchschnittlich 5 Stunden und 35 Minuten ohne Wegezeiten (mit Wege-/Wartezeiten: 6 Stunden und 5 Minuten) zum Ausfüllen eines kompletten Erstantrages auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG benötigten. Die durchschnittliche Dauer zum Ausfüllen eines Weiterförderungsantrages auf Ausbildungsförderung ist mit 4 Stunden und 21 Minuten ohne Wegezeiten (bzw. 4 Stunden und 41 Minuten mit Wege-/Wartezeiten) nur etwas geringer (s. Tabelle).
Die wesentlichen Schlussfolgerungen laut dem Abschlussbericht des Normenkontrollrates (S. 146) aus diesen Daten waren, dass die Studierenden die größten Probleme und den größten Zeitaufwand mit der Verständlichkeit der Formblätter sowie mit der Beschaffung der Nachweise haben. Stellt man diesen Ergebnissen aus dem Jahr 2010 die aktuellen Aussagen der Studierendenwerke des Jahres 2024 gegenüber, nach denen 88 – 90 % der gestellten Anträge auf Ausbildungsförderung immer noch unvollständig sind, liegt die Vermutung nahe, dass in der Vereinfachung des Antragsverfahrens ein erhebliches Potenzial für die Entbürokratisierung der Ausbildungsförderung liegt.
Die Ursachen für die festgestellte hohe Fehlerquote mögen individuell ganz unterschiedlich sein, der Hauptgrund dürfte aber die Komplexität der Antragsunterlagen und Belege sein, welche die Antragstellung besonders fehleranfällig macht. An dieser Komplexität wird sich jedoch so lang nichts ändern, wie die Ausbildungsförderung mit dem Einkommen der Antragstellenden sowie dem Einkommen der Eltern und/oder Partner:innen verknüpft ist und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter nach § 46 Abs. 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG-FormblattVwV 2020) dafür schriftliche Belege fordert.
Allein im Grundantrag auf Ausbildungsförderung werden bis zu 14 verschiedene Belege angegeben, die dem Antrag beizufügen und teilweise von Dritten zunächst zu beschaffen sind; beim sechsseitigen Formblatt zur Einkommenserklärung sind es bis zu 21 mögliche zusätzliche Belege. Die digitale Antragstellung bringt für sich genommen keine Verbesserung, da hier die gleichen Formblätter in digitaler Form ausgefüllt und entsprechende Belege beigefügt werden müssen. Die Prüfung der Vollständigkeit erfolgt zudem (noch) nicht bei der Abgabe des Antrages, sondern erst nach Eingang bei den BAföG-Ämtern.
Versuche der Entbürokratisierung im Verwaltungsverfahren
Während die bürokratische Hauptlast im Antragsverfahren bei den Antragstellenden liegt, obliegt es den zuständigen BAföG-Ämtern nach dem Antragseingang das Verwaltungsverfahren gem. § 9 SGB X einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen. Auch hier sah der Ergebnisbericht des Projektes „Einfacher zum Studierenden-BAFöG“ Potenzial beim Bürokratieabbau, in dem Vereinfachungschancen durch Einführung oder Anpassung von IT-Anwendungen genutzt werden sollten. Allerdings wiesen die Verfasser in ihrem Abschlussbericht (S. 148) bereits im Jahr 2010 darauf hin, dass „die teilweise ausdifferenzierten und spezifischen Regelungen des BAföG auch komplexe und leistungsfähige IT-Programme im Vollzug bedingen“.
Trotz der ab 2016 geschaffenen und ab 2022 verpflichtend gewordenen Möglichkeit der elektronischen Antragstellung, erhöhte sich zunächst der Verwaltungsaufwand für viele der BAföG-Ämter, da mangels elektronischer Dokumentenmanagementsysteme bzw. elektronischer Akten die Anträge ausgedruckt und eine Papierakte angelegt werden musste (siehe hier).
Entsprechende IT-Programme wurden bzw. werden verstärkt erst seit 2023 sukzessive eingeführt. Ob damit auch eine Entbürokratisierung und Beschleunigung bei der Sachverhaltsfeststellung und der Entscheidung erreicht wird, konnte den jeweiligen Presseveröffentlichungen nicht entnommen werden.
Allerdings sah auch der Abschlussbericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“ das Entbürokratisierungspotenzial nicht in der Substitution der Papierakte, sondern darin, dass „bei der Abbildung von Entscheidungsprozessen in IT-Anwendungen oder Online-Verfahren häufig deutlich wird, wo es Möglichkeiten der Vereinfachung und Optimierung rechtlicher Regeln gibt. Diese Möglichkeiten sollten von allen Beteiligten konsequent genutzt werden“.
Dieser Schritt der Rückkopplung, welche rechtlichen Regeln des BAföG und der zugehörigen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift bei der Nutzung von IT-Anwendungen oder Online-Verfahren vereinfacht oder optimiert werden könnten, ist bisher nicht erfolgt. Mit den letzten Novellierungen des BAföG seit dem Jahr 2022 wurden lediglich die Bedarfssätze geringfügig angehoben, Freibeträge erhöht und eine einmalige Studienstarthilfe eingeführt. In dem FAQ der Bundesregierung zur BAföG-Novelle 2024 wird angegeben, dass die Verringerung des bürokratischen Aufwandes bei der Beantragung und Bewilligung des BAföG durch angemessene Pauschalierungen und Verzicht auf Anrechnungsregelungen erreicht werde.
Die Zahl der Studierenden mit Ausbildungsförderung ist seit 2012, als es 671.000 geförderte Personen gab, um 182.000 auf ca. 489.000 geförderte Personen im Jahr 2022 gesunken. (siehe hier).
Trotzdem häuften sich die Meldungen über längere und zu lange Wartezeiten auf die Entscheidung und Auszahlung der Ausbildungsförderung in den letzten Jahren. Während etwa in anderen Existenzsicherungsgesetzen das Verfahren vereinfachende rechtliche Regelungen eingeführt wurden (z. B. § 12 Abs. 4 SGB II „Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt“ oder die Möglichkeit der vorläufigen Entscheidung nach § 41a Abs. 1 SGB II), ist das BAföG diesbezüglich nicht verändert worden.
Rechtliche Alternativen zur vorläufigen Finanzierung der Ausbildung
Welche Alternativen haben Antragsteller:innen, wenn sie ihren Lebensunterhalt und die Ausbildungskosten für ein Vollzeitstudium finanzieren müssen, über ihren Antrag jedoch längere Zeit nicht entschieden wird?
1. Vorschuss bei erstmaliger Antragstellung oder Unterbrechung
Zunächst sieht § 51 Abs. 2 BAföG vor, dass bei der erstmaligen Antragstellung in einem Ausbildungsabschnitt oder nach einer Unterbrechung der Ausbildung ein Vorschuss für maximal vier Monate und in Höhe von maximal vier Fünftel des für die zu fördernde Ausbildung voraussichtlich zustehenden Bedarfs unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet werden kann. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die zur Entscheidung über den Antrag erforderlichen Feststellungen nicht binnen sechs Kalenderwochen nach der Antragstellung getroffen oder Zahlungen nicht binnen zehn Kalenderwochen geleistet werden können.
Auch wenn diese Norm den Anschein erweckt, dass der Vorschuss von Amts wegen gezahlt werden müsste, hilft diese Vorschrift in der Praxis wenig. In der Literatur und der Praxis wird als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt, dass die Verzögerung der Entscheidung bzw. Auszahlung nicht von den Antragstellenden zu vertreten ist. Diese seien also ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen und hätten insbesondere die vollständigen Antragsunterlagen vorgelegt. Dies trifft aber nur in ca. 10 % der Fälle zu und hängt unter anderem davon ab, wie schnell die BAföG-Ämter die Vervollständigung der Anträge fordern und die Antragsteller:innen diesen Mitwirkungshandlungen nachkommen können.
2. (Untätigkeits-)Klage zum Verwaltungsgericht
Auch wenn es sich beim BAföG um ein Sozialgesetz handelt (vgl. § 68 SGB I) und für das Verwaltungsverfahren das SGB I und SGB X gelten, bestimmt § 54 BAföG, dass für Streitigkeiten der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Demnach könnten Studierende, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist, eine sog. Untätigkeitsklage gem. § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erheben. Ein „zureichender Grund“ dafür, dass über einen Antrag nicht entschieden wird, liegt in der Regel vor, solange der Antrag nicht vollständig gestellt wurde, so dass sich hier die mit der Komplexität des Antragsverfahrens einhergehende Fehleranfälligkeit wiederum zu Lasten der Antragstellenden auswirkt.
Die Klage kann zudem nicht vor Ablauf von drei Monaten ab dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Selbst bei einem vollständig gestellten Antrag müssten Studierende dann in der Regel die drei Monate abwarten, wenn nicht besondere Umstände geltend gemacht werden können. Praktisch verhilft diese Möglichkeit damit nicht zu einer schnelleren Entscheidung, wenngleich die Streitigkeiten für die Kläger:innen zumindest gerichtskostenfrei sind (vgl. § 188 VwGO).
3. Überbrückung durch Bezug von Bürgergeld gem. § 7 Abs. 6 Nr. 2b SGB II
Etwas paradox erscheint daher die einzig realistische Möglichkeit der vorläufigen Finanzierung des Studiums, nämlich neben dem Antrag auf Ausbildungsförderung auch einen Antrag auf Bürgergeld nach dem SGB II zu stellen. Zunächst sind nach § 7 Abs. 5 SGB II Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II grundsätzlich ausgeschlossen, also auch Studierende mit einem dem Grunde nach förderfähigen Studium.
Seit 2016 sind mit § 7 Abs. 6 Nr. 2 b SGB II aber von diesem Leistungsausschluss diejenigen Studierenden und Schüler ausgenommen, deren Bedarf sich nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II bemisst und „die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat“. Insoweit übernimmt das SGB II für die hier genannten Fallkonstellationen die Existenzsicherung bis zur Entscheidung des BAföG-Amtes und kompensiert damit die dortigen, zum Teil langen Bearbeitungszeiten.
Fazit
Am Beispiel des BAföG zeigt sich, dass Bürokratie aus einer Wechselwirkung von rechtlichen Rahmenbedingungen, technischen Verfahren und personellen Ressourcen entsteht. Allein die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der elektronischen Antragstellung kann die rechtliche Komplexität des Antragsverfahrens und der Sachverhaltsermittlung bei bedarfsabhängigen Leistungen und die Berücksichtigung von Eltern- und Partnereinkommen nicht vereinfachen. Vielmehr sind die im Beitrag von Heidrun Braun und Alice Dillbahner in diesem Thema des Monats genannten Ansätze zur Entbürokratisierung und Vereinfachung des gesamten Verfahrens von der Antragstellung bis zur Entscheidung in den Blick zu nehmen.
Die für das BAföG gewählte Lösung, durch Ausnahmeregelungen in einem anderen Leistungsgesetz (SGB II) die Folgen der bisher unterbliebenen Entbürokratisierung des BAföG-Gesamtverfahrens zu kompensieren, sollte allenfalls eine kurzfristige Zwischenlösung sein. Parallele Ansprüche in unterschiedlichen Leistungsgesetzen führen zu einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand und mildern allenfalls die Symptome, beseitigen aber nicht die Ursache.